Worauf Orpheus und Apoll gespielt hätten

Da keine genau nachspielbare notierte Instrumentalmusik aus dem Altertum für uns greifbar ist, müssen wir uns, was die Wiedergabe von Musik betrifft, fast ganz auf literarische Hinweise, Instrumentendarstellungen und deren Einzelfunde stützen. Am besten belegt sind in Griechenland wie im Vorderen Orient die Leier, das Instrument Apollons und des mythischen Sängers Orpheus. Schon in der Kykladenzeit um 3000 v. Chr. sind dank erhaltener Marmorplastiken Harfen, Syrinx und Doppelaulos belegt.

Apollon wird häufig mit der Leier dargestellt, hier auf einer weißgrundigen attischen Kylix aus der Zeit um 460 v. Chr., heute im Museum von Delphi zu sehen (Fingalo 2007).
Apollon wird häufig mit der Leier dargestellt, hier auf einer weißgrundigen attischen Kylix aus der Zeit um 460 v. Chr., heute im Museum von Delphi zu sehen (Fingalo 2007).

Auf diese Zeit geht wohl auch die so genannte Schwanenhalsleier zurück, die in der minoisch-mykenischen Epoche auf einem Fresko aus dem Palast von Pylos dargestellt ist. Auf Abbildungen in der Homerzeit ist häufig die Phorminx – meist in ihrer viersaitigen Version – dargestellt. Das Instrument, das später Kithara hieß, erklang zum Epos und begleitete den gesungenen epischen Vortrag. Bereits in Homers Ilias und Odyssee sind lyrische Gattungen zur Begleitung der Leier belegt: Paian, der Gesang an Apoll, Linos, das Lied der Winzer, Threnos, das Totenklagelied, Hymnos zur Anrufung der Götter, Partheneion, der Mädchengesang und Hymenaios, das Brautlied. Bis zum Ende der klassischen Periode lassen sich vier verschiedene Leiertypen unterscheiden: die Kithara, die Chelys oder Schildkrötenleier, das Barbiton, eine Sonderform der Chelys mit verlängerten Seitenarmen und die Wiegenkithara. Die Lyra galt als Erfindung des Gottes Hermes, der in der Ilias belegte Aulos sei durch den phrygischen Musiker Olympos eingeführt worden. Mit ihm soll die ältere Form der Enharmonik nach Griechenland gekommen sein.

Einer der ältesten gut erhaltenen Funde: Diese Leier wurde in einem alemannischen Grab gefunden und wird um 580 n.Chr. datiert; sie ist heute in Trossingen zu besichtigen (Opodeldok 2006).
Einer der ältesten gut erhaltenen Funde: Diese Leier wurde in einem alemannischen Grab bei Trossingen gefunden und wird um 580 n.Chr. datiert; sie ist heute im Archäologischen Landesmuseum Konstanz zu besichtigen (Opodeldok 2006).

Die an die Musik gebundene Lyrik wurde teils solistisch zur Kithara, Lyra, Barbitos oder zum Aulos vorgetragen. Auloi als mögliche Vorläufer auch der Oboe waren zweiröhrige Blasinstrumente mit aufschlagender Zunge und Röhren aus Holz, Hirschknochen oder Schilf. Übrigens geht die heute in Griechenland allerorts gebrauchte Bouzouki letztlich auf das antik-griechische Tambour zurück, ist aber durch den orientalischen Einfluss in der Neuzeit eher mit der türkischen Saz verwandt.

Bemühungen um eine Annäherung an die tatsächlich erklungene griechische Musik der Antike führten übrigens Gregorio Paniagua und das Ensemble Atrium Musicae de Madrid vor nun mehr als dreißig Jahren zu wissenschaftlich gut begründeten Experimenten veranlassten. Die Basis bildeten Fragmente aus Contrapollinopolis, aus dem Wiener Papyrus 29825, der den Klagegesang der Tekmessa enthält, außerdem aus den Aufzeichnungen des Papyrus Oxyrhynchos 2436 zur Ersten Pythischen Ode Pindars und aus einem Osloer Papyrus mit der Zweiten Delphischen Hymne an Apollon. Die Aufnahme liegt vor beim Label Harmonia Mundi France und wurde im Jahr 2000 neu aufgelegt (B00G2IV8DC).

 

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