Der innige Wunsch nach einer „glücklichen Seereise“ begleitete Menschen insbesondere in Zeiten, als es angesichts vieler Unbill keinerlei Lebens- und Wiederkehrversicherung gab – hatte sich jemand einmal im Schiff einem Ozean ausgesetzt. Bevor die Aufklärung den bereits in der Renaissance aufgekommenen Expeditionsgeist noch einmal durch das Bedürfnis nach empirischer naturwissenschaftlicher und ethnographischer Forschung beförderte, galt das Meer als Herrschaftsbereich der Unterwelt und Sitz des Teufels. Die unbekannten Geschöpfe seiner Tiefen waren nach dem Weltbild der Barockzeit Ausgeburten der Hölle (die auch so dargestellt wurden) und man mied unnötige Ausflüge über die „unendliche weite öde Fläche“. Selbst Fischerboote wagten sich nicht weit auf das unwägbare Element hinaus. Allein im Hafen konnte man sich noch in idyllischer Sicherheit wägen.

In der barocken Poesie Skandinaviens wurde vor allem von Seiten geistlicher Dichter vor den Gefahren der See gewarnt. Hierfür stehen unter anderem die Gedichte des Dänen Thomas Kingo. Hundert Jahre später fehlen bei der künstlerischen Interpretation bereits die dämonischen Wesen aus den Emblemsammlungen. Stattdessen zeigt der Meereshintergrund in Carl Michael Bellmans 1766 veröffentlichter komischer Oper Der glückliche Schiffbruch hohe Wogen und Schiffe in Seenot. Das zuvor als wild und ordnungslos empfundene Element behielt aus einer nüchterneren Position betrachtet zwar seine dunklen, unwägbaren Aspekte, jedoch fehlt hier eine theologische ebenso wie die antikisierende mythologische Dimension des 17. Jahrhunderts.

Die gleichmäßige Sechzehntelbewegung der Wellen in Mozarts Vokal-Terzett Soave sia il vento in seiner Oper Così fan tutte (1790) wird von Jens Rosteck als optimistische Deutung der Seefahrt akzentuiert, da die Hoffnung in E-Dur überwiegt. Es gibt allerdings – was die musikalische Interpretation des unberechenbaren Meeres im Topos der sich auf und ab bewegenden „Lebensreise“ betrifft – Vorläufer bereits in der Barockzeit, die teils auf älterem Liedgut wie dem Adventshymnus Es kommt ein Schiff geladen beruhen.

Das prominenteste Beispiel des 19. Jahrhunderts, in dem die realistische Malerei viele „Seestücke“ zumal in Skandinavien und Deutschland hervorbrachte, stellen vielleicht nach Mendelssohns Tondichtung Die Hebriden, seiner Schottischen Symphonie und der bekannten Episode im Oratorium Elias die fünf Sea Pictures (1899) von Edward Elgar dar. Claude Debussys ausladende symphonische Dichtung La mer lief nur sechs Jahre später vom Stapel. Jean Sibelius folgte 1914 mit seinen breit ausgemalten Ozeaniden, die mehr dem nordisch-mythologischen Gehalt entgegenkommen und wiederum die erhabene Weite des Meeres als eines einzigartigen Naturphänomens feiern.
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