Erfahrungen im Umgang mit Maschinen zur Klangerzeugung und -speicherung hatte Elżbieta Sikora bereits durch ein Studium der Tontechnik in Warschau erworben, bevor sie sich entschied, diese am IRCAM-Institut in Paris mit ihrer ursprünglichen Profession als Pianistin zu verbinden. Aus dieser Fusion entstanden im Anschluss an ein weiteres Kompositionsstudium in Warschau weit mehr elektronisch und auf Tonbandmanipulation basierte Werke als bei allen anderen polnischen KollegInnen ihrer Generation. Sie gehörte zum engeren Kreis der Groupe de recherches musicales um Pierre Schaeffer und François Bayle, den in Europa damals (technisch) fortschrittlichsten Protagonisten avantgardistischer Musik.

Es ist bemerkenswert, dass die Lembergerin im Laufe ihrer Karriere eher selten elektroakustisch erzeugte mit traditionellen Instrumentenstimmen vermischte. Der mehrheitliche Teil ihrer Kompositionen für Tonband – darunter auch ein „Hörspiel“ – stellt reine Klangexperimente für dieses eine Medium dar, daneben schrieb sie aber auch Axe Rouge (2004) für Tonband mit Saxophon und Kontrabass, Lisboa, tramway 28 (1999), eine Widmung an den Dichter Fernando Pessoa, ebenso für die Kombination mit dem Saxophon und On the Line (1992) für Sopran und Tonband.

Europäische „Wahlverwandtschaften“ lassen sich in Sikoras Werk nicht auf den ersten Blick entdecken: Aquamarina für Tonband (1998) steht jedoch in synästhetischem Zusammenhang mit den elektroakustisch generierten Aquarellen über das Meer (1968-71) der Dänin Else Marie Pade. Mehr von abstrakten als programmatischen Ideen geprägt arbeitete sie einer Vielzahl von Genres zu. So entstanden 2005 zwei Solowerke, Cadenza für Violoncello und Tytane für Kontrabass, neben drei Streichquartetten komponierte Elżbieta Sikora ein Streichsextett und 2007 das Konzert Oliwski für Orgel und Orchester.

Seit Ende der 1980er Jahre schätzte die mit ihren Werken allseits gefragte Komponistin das elektroakustisch begründete Komponieren als überholt ein und konzentrierte sich mehr auf ein emotional ansprechendes, den „dionysischen“ und apollinischen Aspekt der Musik hervorkehrendes Schaffen. Dennoch setzte sie weiterhin elektroakustische Quellen „als Instrumente“ ein.
Besonderes Interesse hegt Elżbieta Sikora an der Erforschung der Klangbeschaffenheit einzelner Instrumente, was sich vor allem an ihren zahlreichen Kammermusikwerken mit Flöte, Sopranstimme, Saxophon, Perkussion, Kontrabass und sogar Cembalo ablesen lässt. Doch galt ihre Aufmerksamkeit bislang auch anderen Gattungen, etwa der Ballettmusik und der Suite. Für ihre Oper L’arrache–coeur erhielt sie in Paris 1996 den Preis Nouveau Talent Musique. und wurde in Polen ein Jahr darauf mit dem Polnischen Ritterorden für besondere Verdienste ausgezeichnet.
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