Glücklicherweise haben weltweite Krisen den „guten Humor“ der Musikindustrie bislang nicht spürbar unterdrücken können – und das Frühjahrshoch wirkt sich hoffentlich bis weit ins Jahr hinein aus, was die Produktivität der Labels angeht. Interessante Neu- oder Wiederentdeckungen sind auch dabei, etwa die Miniaturen-Suite im Schlepptau mit einem Klavierkonzert von Dimitris Papadimitriou, einem in Athen ausgebildeten Komponisten und Dirigenten aus Alexandria, von dem vor kurzem auch sein Musical zu Melvilles Moby Dick auf Tonträger erschien.

Papadimitrious Klavierkonzert Nr. 1 zeichnet sich durch den Wettstreit des Pianisten mit dem Orchesterapparat aus: Die beiden Kontrahenten bilden gewissermaßen den Konflikt zwischen dem Individuum und seiner Umgebung ab. Bemerkenswert ist vor allem im 3. Satz, indem die Fülle der Instrumentenstimmen den Solisten, hier Titos Gouvelis, beinahe aufzusaugen scheint. In den Miniaturen erlebt der Hörer einen Gang durch die Schaffensbiographie des Komponisten Papadimitriou: Das Athenische Staatsorchester unter der Leitung von George Petrou vermag es, einen lebendigen Eindruck von den vielfältigen, insbesondere folkloristischen Einflüssen auf das Werk zu vermitteln; die Aufnahme ist sowohl transparent als auch raumklanglich gut gelungen.

Ein gefragter Cellovirtuose um die Mitte des 18. Jahrhunderts war der aus Forli im Osten Oberitaliens stammende Giovanni Battista Cirri, der seinerseits auch mit berückender Musik zum kammermusikalischen Repertoire seines Instruments beitrug. Diesem widmete sich nun das spanische Breaking Bass Ensemble, dem der Virtuose und am Konservatorium von Zaragóza verpflichtete Hochschuldozent Carlos Montesinos Defez angehört. Als Duettpartner gesellt sich Guillermo Turina zu ihm, der unter anderem ein Schüler von Christophe Coin war. In ihrem gefälligen, vorderhand empfindsamen Stil erinnern die Sonaten und Duette der nun vorliegenden CD an den Pariser Musiker und Lehrer François Cupis, der, nur acht Jahre jünger, zeitgleich mit Cirri für Celloduo schrieb.

Im Unterschied zu diesem sind bei Cirri die Modulationen zwischen den Teilen der Sätze prägnanter und noch mehr der Epoche Telemanns und Vivaldis verpflichtet. Die weiteren Musiker, der Kontrabassist Agustín Orcha Mata sowie der Organist und Cembalist Pablo Márquez Caraballo widmen sich den kleinen und auch zum Zweck des Übens verfassten Stücken mit Spürsinn für die großen Bögen wie das Detail und übertreiben nicht bei den Tempi.
Ein weiterer Experte historischer Tasteninstrumente, Fernando de Luca, unterzog sich in den Sommermonaten 2012 und 2020 der für ihn nicht mehr ganz so großen Aufgabe, das Gesamtwerk von Christophe Moyreau, einem unterschätzten Organisten aus Orléans für Cembalo solo einzustudieren und aufzunehmen, die immerhin auf 7 (!) einzelne Scheiben zu verteilen waren. Denselben langen Atem brachte der bei Paola Bernardi und Domenico Bartolucci ausgebildete Cembalist nämlich bereits für Händels sämtliche (aufzufindende) Werke für das Instrument auf.

Eine nicht ganz alltäglich anmutende Transkriptionsaufgabe sah de Luca in der Übertragung von Opernouvertüren Händels vom Orchester auf das Cembalo. Moyreau widmete seine mehrere Bände umfassende Sammlung einzelner Tanzsätze, von denen erfreulicherweise einige erhalten blieben und die de Luca hier eingespielt hat, einst dem Herzog von Orléans.

Lange Zeit verband übrigens die musikalische Welt mit dem Namen Christophe Moyreaus nur dessen „Ohrwurm“ Les Cloches d’Orléans, in dem er dem Tönen der berühmten Kirchenglocken in dieser Stadt ein berückendes akustisches Denkmal setzte.

Ein Seitenblick sei abschließend auf ein infraklassisches Crossover-Projekt geworfen: Der Saxophonist Jonathan Radford und sein Begleiter am Klavier, Ashley Fripp, haben ein kammermusikalisches Potpourri aus vielleicht zu wenig beachteten, tanzorientierten Repertoirestücken aus dem 20. und 21. Jahrhundert als Hommage an den legendären amerikanischen Saxophonisten Rudy Wiedoeft zusammengestellt. Dazu gehören auch Schostakowitschs überaus beliebter Walzer Nr. 2 und Erwin Schulhoffs Hot-Sonate. Den Schluss des Reigens bildet George Gershwins Rhapsody in Blue.