So romantisch, expressiv und gleichzeitig verspielt dürften heutige Hörer dänische Klaviermusik aus der Zeit der Wiener Klassik und über diese hinaus kaum jemals wahrgenommen haben: Mit Friedrich Kuhlau (1786 – 1832) spricht hier kein Komponist zweiter Garde im Schatten Beethovens zu uns, auch wenn er diesen im Norden eigentlich bekannt gemacht hat.

Vielmehr stellt ihn Marie-Luise Bodendorff ausdrucksstark, sich ganz dem jeweiligen Satzcharakter überlassend und ausnahmslos virtuos in der ersten Ausgabe ihres Gesamtzyklus dar. Vergessen ist die subalterne Zeitgenossenschaft; vielmehr erleben wir Kuhlau hier auf Augenhöhe mit J.P.E. Hartmann in dessen Reifejahren.
Neben diesem Volltreffer beeindruckt das Label Dacapo Records im Mai auch mit einer Edition von wenig bekannten Kammermusikstücken Per Nørgårds (geb. 1932): Der alllzeit progressive, mit seiner Musik vorausschauende und innovative Avantgardist dänischer Musik im 20. wie 21. Jahrhundert hatte auch noch andere Seiten, die durch die voranschreitende Edition seiner meisten Werke auf Tonträger zum Vorschein kommen.

Orientiert an traditioneller Melodiefortspinnung in einem weitgehend tonalen Rahmen können sich viele den kühnen Geist, der viele seiner Werke auf mathematischen Vorstellungen erbaute, wohl kaum denken, aber diese Saite bringt das Ensemble mit der Sopranistin Signe Asmussen und den Instrumentalisten Irena Kavčič, Helge Slaatto, Anette Slaatto, John Ehde und Erik Kaltoft auf Singing Secrets zum Klingen: Es handelt sich um nichts weniger als eine Enthüllung mit Überraschungseffekt. Eine vielleicht erwartete Konstruiertheit weicht dem Eindruck hoher Einfühlsamkeit in das jeweilige Sujet.

Die Einfühlung in einen so exzentrisch erscheinenden und sich vorschneller Einordnung verweigernden Kreativen wie Rued Langgaard (1893 – 1952) scheint aufgrund der Disparatheit seiner schöpferischen Ideen schwierig, doch eine homogene Wiedergabe seiner Werke für Violine und Klavier würde ohnehin deren eigenwilligen Charakter vernebeln. Also setzt das Duo Gunvor Sihm und Berit Johansen Tange, die hier als gleichberechtigte Klavierpartnerin zur Geigenstimme agiert und seit etlichen Jahren als Expertin für Langgaard gilt, auf Expressivität, um die Leidenschaft und Wildheit dieser Musik adäquat zu dechiffrieren. Namentlich Sihm zaubert alle nur denkbaren Klangfarben aus ihrem Instrument.