„Naturton“ trifft Orchesterklang

Die frühe öffentliche Karriere des klassischen Virtuosen William Barton begann nach seinem 12. Geburtstag, als er erstmals mit Tanzgruppen von Aborigines in Sydney auftrat. Die Mitwirkung im Hintergrund reichte ihm nach den Erfahrungen einer Amerika-Tournee nicht mehr und er entschied sich für seine ungewöhnliche Solistenlaufbahn. Nach seinem Studium verschiedener Musikstile trat der ebenso mutige wie begnadete Musiker erstmals mit dem Queensland Symphony Orchestra auf. Nicht viel später wurde er hier der australien- und weltweit erste Artist-in-Residence für das Didgeridoo.

Kunst und Natur verschmelzen im klangfarbenreichen Tonspektrum des Didgeridoo: Der Virtuose William Barton spielt ‚Birdsong at Dusk‘ (ABC Records 2014, ASIN: B00LIIMMWC).

In Queensland sind auch die Wurzeln seiner heutigen, im westlichen Konzertleben bereits etablierten Auftritte zu finden, nämlich bei den Nachkommen der Aborigines-Stämme Wannyi, Lardil und Kalkadunga, deren Ursprünge im westlichen Teil der Großregion liegen: Von einem Onkel in der Umgebung seiner Heimat Mount Isa erlernte er die Techniken des Didgeridoo-Spiels; mit nicht geringem Stolz spricht der heute 39jährige Barton von seiner Musikkultur als der ältesten überhaupt.

Unter anderem findet sich auf dieser Kompilation von Werken Peter Sculthorpes ‚Earth Cry‘ mit dem Dirigenten James Judd und dem Solisten William Barton (The ABC Recordings, ASIN: B075SY7R6S, Deutsche Grammophon 2017).

 

Nicht zuletzt das Repertoire eines Pioniers in der Erforschung der Aborigines-Klangkulturen, des Komponisten Peter Sculthorpe (1929 – 2014), brachte ihn selbst zur Verbindung dieser als eine der frühesten nachweisbaren Musikkulturen der Welt mit den Errungenschaften der „reichen“ europäisch basierten Kunstmusik.

Auf dem Adelaide Festival of Arts 2004 spielte William Barton zum ersten Mal öffentlich den Didgeridoo-Part in einem Werk Peter Sculthorpes: Dessen Requiem für Orchester und Chor sieht als dritten ebenbürtigen Partner den Spieler des aus europäischer Sicht ganz im australischen Busch verorteten, an Naturgeräuschen und -untertönen so flexiblen Instruments, das bis heute eine durch Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende beispiellos lange Entwicklung zum perfekten Klangkörper durchgemacht hat.

Didgeridoo-Spieler im Hafen von Melbourne (-jkb-, 17.12.2017, CC-Liz.)

2005 wirkte der Musiker mit der Ausnahmestellung in der Londoner Royal Festival Hall zusammen mit dem London Philharmonic Orchestra zusammen. Erst im letzten Jahr 2019 trat er für eine Orchesterfassung des Songs Down Under, der auf die australische Rockband Men at Work zurückgeht, mit dem Sydney Symphony Orchestra auf.

Peter Sculthorpe: Earth Cry am 27. Mai 2018 in der Elisabeth Murdoch Hall, Melbourne mit William Barton und dem University of Melbourne Symphony Orchestra