Dauerhaft britisch verstärkt

Erst kürzlich hieß es, das seit 1981 existierende Auryn Quartett wolle sich von der (Welt-)Bühne verabschieden. Und tatsächlich reicht laut Website der aktuelle Konzertkalender des gefragten Ensembles, das sich einst beim Amadeus Quartett in Köln das homogene Spiel unter Teamleitung der ersten Geige abschaute, zunächst nur bis Juni 2018. Mit innereuropäischen Reisen verbunden ist neben den Terminen in Deutschland vor allem der Mai: Von W.A. Mozart über Edvard Grieg bis zum g-Moll-Quartett von Claude Debussy spannt sich am 14. Mai ab 19.30 Uhr der Bogen des 9. Kammermusikabends im Konservatorium Bern. Mit einem breitgefassten Programm ist das Auryn Quartett vom 22. bis 26. Mai in der Chiesa di San Martino von Este zu hören.

Das Auryn Quartett bei einem Auftritt in Köln am 24. März 2012 (von links nach rechts: Matthias Lingenfelder, Jens Oppermann, Andreas Arndt, Stewart Eaton (Perikles, GNU Free Doc. Lic.)
Das Auryn Quartett bei einem Auftritt in Köln am 24. März 2012 (von links nach rechts: Matthias Lingenfelder, Jens Oppermann, Andreas Arndt, Stewart Eaton (Perikles, GNU Free Doc. Lic.)

Der Bratschist des Ensembles, Stewart Eaton, hat außer mit Isabelle van Keulen und Peter Orth auch mit dem Chamber Orchestra of Europe und der Academy St.-Martin-in-the-fields zusammengewirkt. Wie die drei anderen Mitglieder des Quartetts ist er seit etlichen Jahren Professor für Kammermusik an der Hochschule Detmold; von einem musikpädagogischen Brexit kann also in keiner Weise die Rede sein, er wäre auf künstlerischem Feld ohnehin nicht vertretbar. Die erste Violine spielt seit der Gründung Matthias Lingenfelder, der seine Ausbildung bei Max Rostal und bei Gerard Poulet in Paris absolvierte. Nach den großen Erfolgen in Portsmouth und München ging es mit der Auryn-Karriere steil bergauf. Viele Auftritte als Konzertmeister des Chamber Orchestra of Europe kamen später hinzu.

Große Beachtung fand die Aufnahme sämtlicher Streichquartette von Joseph Haydn durch das Auryn Quartett aus dem Jahr 2008 (B001M0JHZQ, Tacet).
Große Beachtung fand die Aufnahme sämtlicher Streichquartette von Joseph Haydn durch das Auryn Quartett aus dem Jahr 2008 (B001M0JHZQ, Tacet).

Violinist Jens Oppermann gewann bereits mit 12 Jahren einen der ersten Preise beim  Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“, später den alleinstellenden Erstpreis mit eigenem Quartett in Colmar zum Internationalen Kammermusikwettbewerb. Ein weiterer wichtiger Karriereschritt wurde seine Konzertmeistertätigkeit bei der Jungen Deutschen Philharmonie. Unter Claudio Abbado spielte auch er im Chamber Orchestra of Europe.
Den Namen des Cellisten Andreas Arndt, der das Niccolò-Amati-Cello aus Hindemiths Amar Quartett streicht, kennt mancher sicher noch aus seinen Zeiten beim Berliner Philharmonischen Orchester und dem Gürzenich-Orchester Köln. Der Preisträger des ARD-Wettbewerbs 1982 tritt immer wieder als Solist in verschiedenen Formationen auf und gilt als bewährter Dozent und Juror in Meisterkursen.

2017 erschien die Aufnahme der bislang wenig Streichquartette 1 und 2 von Walter Braunfels durch das Auryn Quartett (B0000061JE,  cpo).
2017 erschien die Aufnahme der bislang wenig Streichquartette 1 und 2 von Walter Braunfels durch das Auryn Quartett (B0000061JE, cpo).

Intensive Studien beim legendären Guarneri-Quartett hatten einst die Priorität des Gesamtklangs, Markenzeichen des Amadeus Quartetts, um die Komponente von Trennschärfe und Individualprofil des einzelnen Musikers ergänzt. Aus der Kombination beider profitiert das Klangerscheinungsbild des Ensembles bis heute. Die zahlreichen Aufnahmen des Auryn Quartetts, unter denen die Einspielung der Haydn-Quartette die größte Aufmerksamkeit gewann, wurden im vergangenen Jahr ergänzt durch die Edition des 1. und 2. Streichquartetts von Walter Braunfels, einem Komponisten, dessen Instrumentalkompositionen bislang zu Unrecht noch wenig Beachtung fanden.

 

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