Ha(r)fenrenaissance?

Ganz einfach hat man es nicht, geht man Spuren originaler Harfenmusik aus dem skandinavischen Raum nach. Immerhin gibt es aber das vierköpfige Ensemble Svanevit aus Schweden, das sich vom Repertoire der keltischen Harfe in ihrer Frühzeit inspirieren ließ. Tatsächlich gehen die ältesten bekannten europäischen Harfen auf den irisch-schottischen Raum zurück. Um 1500 dominierte noch die einfache, einchörige und pentatonische Harfe, die ein reguläres Spiel von Halbtonfortschreitungen nicht vorsah.

August Malmströms Gemälde 'Heimer und Aslög' zeigt, wie tief in der schwedischen Romantik die (mythologische) Figur des nordischen Harfenspielers verankert ist (1857, Lithographie, US p.d.).
August Malmströms Gemälde ‚Heimer und Aslög‘ zeigt, wie tief in der schwedischen Romantik die (mythologische) Figur des nordischen Harfenspielers verankert ist (1857, Lithographie, US p.d.).

Um 1580 kam aufgrund des gewachsenen Bedürfnisses und der entsprechenden neuen Literatur gemäß die chromatische Harfe auf, die über ein oder zwei zusätzliche Saitensätze verfügte. Diese „zwangsläufige Revolution“ im Instrumentenbau setzte eine bis ins 20. Jahrhundert und im Grunde bis heute anhaltende ständige Verbesserung und Variantenbildung in Gang. Es ist anzunehmen, dass die in nordkeltischen Siedlungsgebieten praktizierte Harfenbauweise schon sehr früh auf das Territorium des heutigen Jütland und der östlichen dänischen Inseln übergegriffen und sich dann ebenso nach Schweden und Norwegen ausgebreitet hatte. Demnach ist auch hier am Ende des 16. Jahrhunderts von einer raschen Übernahme der neuen chromatischen Harfe – neben ihrer vielleicht älteren italoiberischen Schwester, der Arpa Dos Ordenes, auszugehen.

Die band Svanevit schließt in ihren beiden CDs von 2005 und 2008 auch an die Harfenmusik der Renaissance an (B000BVXBY0, Westpark / Indigo 2005).
Die Band Svanevit schließt auf ihren beiden CDs von 2005 und 2008 an die Harfenmusik der Renaissance an (B000BVXBY0, Westpark / Indigo 2005).

 

Gerade im 16. Jahrhundert erfreute sich die Harfe gleich welcher Form großer Beliebtheit und kann geradezu als Modeinstrument der Renaissance bezeichnet werden. So betrachtet ist es schade, dass die Zahl an Einspielungen mit dem Versuch, die alte Instrumentalmusik der Epoche genauer zu rekonstruieren, bislang eher spärlich geblieben ist. Dennoch wirkt bei vielen Aufnahmen von Vokalmusik, sei sie solistisch oder von Chören ausgeführt, aus der Zeit vor dem Barock die (chromatische), nun mehr diatonisch gestimmte Harfe als Begleitinstrument selbstverständlich mit – und sei es nur zum Zweck der klanglichen Auffüllung des basso continuo.

Englische Harfenmusik der Renaissance versucht die CD 'The Queenes Good Night: English Renaissance Music for Harp & Lute' dem Ohr des Hörers von heute (so authentisch wie möglich) zu vermitteln (mit Marie Nishiyama und Rafael Bonavita, B0097GTUN6, 2012).
Englische Harfenmusik der Renaissance versucht die CD ‚The Queenes Good Night: English Renaissance Music for Harp & Lute‘ dem Ohr des Hörers von heute (so authentisch wie möglich) zu vermitteln (mit Marie Nishiyama und Rafael Bonavita, B0097GTUN6, 2012).

Ob die Gruppe Svanevit sich aufgrund einer Suite von Jean Sibelius von 1908 oder des in Schweden seit der Uraufführung 1942 populären Strindberg-Dramas so benannte, ist nicht bekannt, aber der Name Schwanweiß existierte als folkloristischer Stoff schon lange zuvor. Erik Ask-Upmark entpuppt sich auf den bisher erschienenen zwei CDs als vielseitiger Musiker: Er schlägt auch auf der zweiten, Rikedom och gåvor (2008), nicht nur die Harfe, sondern bläst auch auf der schwedischen Sackpfeife und Flöte.

 


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