An ihrem liegenden Bass, auch als Bordunquintenbass bezeichnet, ist die französische Musette als einer der im 17. Jahrhundert weit verbreiteten Tänze leicht erkennbar. Ebenso eignet ihr ein wiegender, schwingender Rhythmus, der unmittelbar ihre charakteristische Ausführung vor Augen führt. Dieser wird passend durch die kreisenden Bewegungen der Melodie ergänzt. Besonders markant treten ihre Merkmale in der Besetzung durch die Musette-Sackpfeife oder die Drehleier zutage, etwa in Joseph-Bodin de Boismortiers Suitensätzen. Die von einem auf den anderen Fuß „hüpfende“ Musette erscheint eigenständig, kann aber auch das Trio einer Gavotte ersetzen und wurde unter anderem mit Vorliebe von Jean-François d’Andrieu gepflegt.

Der Zusammenhang mit der Sackpfeife gleichen Namens wird im Fall der Musette offensichtlich, denn das Doppelrohrblattinstrument mit seinem kleinen Blasebalg verfügte über Schieberegler, mit denen die Länge der Kanäle und damit die Höhe der charakteristischen Borduntöne verändert wurde. Ebenso wurde der Name für eine Schalmei ohne Windsack nach seiner vermuteten Herkunft als Hautbois oder Musette de Poitou gebraucht und bezeichnete bald nach der Verbreitung des Instruments ein ähnlich näselnd klingendes Rohrwerk an französischen Orgeln. Der kurz nach der Popularisierung der Musette-Sackpfeife entwickelte Tanz im 2/4-, 3/4- oder 6/8-Takt erfreute sich großer Beliebtheit am Hof Ludwig XIV. sowie bei seinem Erben und findet sich später auch in Balletten von Michel-Richard Delalande und in der Oper, dann auch in der Tastenmusik von François Couperin, J.S. Bach und Jean-Philippe Rameau. Jacques-Martin Hotteterre verfasste ein eigenes Unterrichtswerk für die besondere Variante der Sackpfeife.

Einer der bedeutenden Komponisten der Musette, der Cembalist Jean-François d’Andrieu (1681 – 1738), wurde 1704 zum Organisten der Pariser Kirche St-Merry gekürt, rückte 1721 zum Königlichen Kapellorganisten auf und wirkte seit 1733 als Organist an St-Barthélemy als Nachfolger seines Onkels. Die drei Bücher von Pièces de clavecin, die zwischen 1724 und 1734 in Paris gedruckt wurden, erfreuten sich in den privilegierten Kreisen und in der Schülerschaft großer Beliebtheit. Ein entsprechender Band mit Orgelmusik erschien 1739. Nicht zu vergessen dind die Trio- und Violinsonaten d’Andrieus von 1705 an und das kammermusikalische Werk Les caractères de la guerre von 1718. Besonders populär wurden die Musetten in G-Dur (Nr. 13) und A-Dur (Nr. 14) aus seinem Premier livre des pièces d’orgue, da sich durch die Registrierung hier der Sackpfeife nahekommende Klänge sehr effektvoll umsetzen lassen. Unter anderen spielten Pierre Du Mage, Anne Froidebise, André Isoir und Olivier Baumont, letzterer 2012 beim Label Tempéraments Radio France (B00ATC9B7W), diese – und weitere – Musterbeispiele der Musette ein.

Aus der spezifischen Rhythmik und Melodik des munteren Tanzes ging übrigens Ende des 19. Jahrhunderts der – nunmehr „bourgeoise“ – Valse musette oder auch Musette-Walzer hervor, bei dem es sich um einen einen eher melancholischen Walzer handelt, weshalb er oft in Moll steht. Er wird gerne vom Akkordeon begleitet. Seine Spielarten bis weit in das 20. Jahrhundert hinein verkörpert heute Enrique Ugarte mit Titeln wie Sauvageonne, Valse violette oder Pour Chopin als Meister dieses Instruments.
Schreibe einen Kommentar