Abseits vom hochpopulären Verismo seiner Zeit bewegte sich Giovanni Sgambati (1841 – 1914) als Komponist auf einem schmalen, aber einsamen Grat. Zwar rezipierte der Römer Liszts Instrumentalwerke und Wagners Opern mit besonderer Aufmerksamkeit, doch konnte er sich am Schreibtisch ganz auf seine persönlichen Einfälle in Sachen Melodik und Harmoniegebung verlassen. Dabei fehlte seinen Symphonien und Klavierkonzerten ebenso die tragisch-düstere Grundierung des Wagnerschen Bühnenwerks als auch die bisweilen bizarre Phantastik von Liszts programmatischen Klavierstücken. Meisterhaft gelang Sgambati gänzlich verschieden hiervon die Verbindung scheinbar unzusammenhängender Motive.

Rondoähnliche und dem klassischen Sonatenhauptsatz eignende Strukturen der Themenbildung, Durchführung und Reprise werden beim unbefangenen Hören nicht bewusst. Der geschickt modulierte Brückenschlag zwischen ständig abwechselnden musikalischen Ideen verhindert den Eindruck der Beliebigkeit und Zerstreuung, der sich sonst einstellen könnte. Wiederholt werden eher rhythmische Strukturen, Abwechslung und Varianz bilden duchgängig die kompositorischen Prinzipien. Spätromantisches Pathos findet sich nirgends, moll-lastige Passagen verlieren sich schnell im Unbestimmten und entfalten nirgends tragische Wirkung. Die heitere Gelassenheit mediterraner Sphären vereint sich mit dem eleganten Flair einer südlichen Metropole. Dies gilt ebenso für Giovanni Sgambatis 2. Symphonie in Es-Dur von 1883 mit ihrer ein wenig an Brahms erinnernden Entwicklung wie für die die breit angelegte formale Struktur seines Klavierkonzerts g-Moll aus den Jahren zwischen 1878 und 1880. Die sehr eigenständige Behandlung des Orchesters erinnert hier an romantische Konzertsinfonien, während der Klavierpart streckenweise an die beiden in zeitlicher Nähe entstandenen Gattungsbeispiele von Johannes Brahms denken lässt. Gleichzeitig lässt sich das Konzert ästhetisch zwischen Rachmaninoff, Grieg und Saint-Saëns verorten, bleibt aber in seiner eher konservativ-romantischen Klanggebung vollkommen individuell und unverwechselbar.

Ohne übertriebene Gestik und Tastenakrobatik setzt die kroatische Solistin Martina Filjak Sgambatis Klavierkonzert als absolute Rarität zusammen mit dem mailändischen Symphonieorchester Giuseppe Verdi unter der Leitung von Francesco Attardi um. Vielmehr dominiert in ihrer Interpretation Klarheit, mit einem ausgesprochenen Sinn für Ausgeglichenheit und gleichzeitig für ein stimmungsvolles romantisches Melos, wie es etwa auch Ottorino Respighis Pini di Roma erfordert. Attardi verleiht mit dem zurückgenommenen Tempo und einer entsprechenden Abdämpfung der Forte-Stellen auch der 2. Symphonie eine gewisse Vornehmheit und jene Würde, die dem ebenso einfallsreichen wie gefühlsbetonten Kompositionsstil Giovanni Sgambatis in idealer Weise entgegenkommt.
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