Heute zählen St. Thomas, St. John und St. Croix bekanntlich zu den westkaribischen Amerikanischen Jungferninseln, deren Hauptstadt Ende des 17. Jahrhunderts durch den holsteinischen Piraten Nikolaj Esmit nach der damaligen dänischen Königin Charlotte Amalie von Hessen-Kassel benannt wurde. Hier deutet sich schon an, dass die Heiligennamen der Eilande über einiges hinwegtäuschen, vor allem darüber, dass gerade das Zentrum St. Thomas über viele Jahre hinweg den Seeräuberschiffen zu Auslauf und Schutz diente.

Von Charlotte Amalie aus starteten die Freibeuter hier ihre berüchtigten Unternehmungen. Die Dänen beförderten seit 1733, als die Inselgruppe endgültig in ihren Besitz übergegangen war, die Zuckerrohrproduktion. 1917 verkaufte Dänemark, das als erste Kolonialmacht die Sklaverei auf seinen karibischen Außenterritorien abgeschafft haben soll, diese an die Vereinigten Staaten und konnte im Gegenzug seine Hoheit über Grönland behalten.

Von Saint-Croix weiss man heute vornehmlich dank seiner berühmten Triathlon-Strecke Ironman 70.3, doch ist auch die indigene Roots-Reggae-Band Midnite keine unbekannte Größe. Saint Thomas erlebte seine Blütezeit während der dänischen Besatzung: Nach den erfolgreichen Jahrhunderten des Exports von Zucker, Tabak und Rum ist es mittlerweile mehr die Musik, die in alle Welt geht, dank der Jazzmusiker Neal Creque und Jean Toussaint, aber auch, weil dort der Hiphop-Musiker Doug E. Fresh von sich reden machte, der ursprünglich von Barbados kam und in New York aufwuchs. Nach seinem fünften Album Alright (1996) machte er 2005 durch seine Zusammenarbeit mit Stevie Wonder zu dessen Produktion Time to Love von sich reden.

Der 1957 auf Aruba geborene Saxophonist Jean Toussaint begann als Calypso-Musiker seine Karriere auf Saint Thomas, wo schon seit langem der 2000 verstorbene amerikanische Jazzpianist Earl Neal Creque wirkte, der hauptsächlich als Songschreiber für andere namhaft wurde. Über 3000 Lieder, darunter nicht wenige Ohrwürmer, entstanden unter seinen hochproduktiven Tasten. Unter anderem arbeitete er mit Johnny Lytle und Ronny Earl zusammen, zuletzt auch mit Pink. Eine legendäre Hommage an die ferne Insel St. Thomas ist das gleichnamige Stück der lebenden Jazzsaxophon-Legende Sonny Rollins, das auf dem englischen Lied The Lincolnshire Poacher basiert, auf den Jungferninseln aber zu einem populären Wiegenlied wurde. Tatsächlich fängt es in der Bearbeitung von Rollins die sehr spezifische karibische Stimmung ein und wurde nach seiner Veröffentlichung 1956 auf dem Album Saxophone Colossus zu einem Evergreen.
Schreibe einen Kommentar