Vermutlich wurde ein bedeutender brasilianischer Komponist der Vorklassik, Ignácio Parreiras Neves, um 1730 in Vila Rica, dem heutigen Ouro Preto im Bundesstaat Minas Gerais geboren und starb dort um 1793. Wie viele, die später die Gelegenheit hatten, selbst Musik zu schreiben, wirkte er zunächst als Chorknabe in einer geistlichen Bruderschaft. Am 16. April 1752 trat er in eine kirchliche Gemeinschaft über, die – wie unter dem Patronat von St. Joseph üblich – für die mulattische Bevölkerung bestimmt war, zu der er gehörte. Neves soll auch als Dirigent gewirkt haben.

Es sind einige kirchenmusikalische Werke mit Sicherheit aus Neves‘ Hand überliefert: ein sechsteiliges Credo für gemischten Chor und kleines Orchester, wohl aus den Jahren 1780 bis 1785, das sehr typisch für den homophonen vorklassischen Stil gesetzt ist, die 1895 datierte Abschrift eines Salve Regina im Archiv von Pão de Santo Antonio in Diamantina sowie ein fragmentarisches Weihnachtsoratorium, betitelt Oratorio ao Menino Deos para a noite de Natal aus dem Jahr 1789. Von diesem Werk liegen im Musikmuseum Mariana lediglich die Sopranstimme und der Basso continuo vor.
Bekannt wurde auch eine Begräbnismesse für Pedro III von 1787, von der aber bislang nichts gefunden werden konnte. Das Ringen um die Überlieferung weiterer Werke bleibt spannend, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass in anderen kirchlichen oder öffentlichen Archiven Abschriften oder gar Originalmanuskripte vor sich hinschlummern …
Auf CD sind unter dem – wegen seiner Veröffentlichungen wenig bekannter Alter Musik – verdienstvollen Label K 617 Aufnahmen einzelner Stücke aus Neves‘ bekanntgewordenem Repertoire mit dem übergeordneten Titel Negro Spirituals au Brésil Baroque erschienen (2001, B00004ZD6B). Jean-Christophe Frisch dirigiert hier das Ensemble XVII-21 Musique des Lumières, das auf Musik des 18. Jahrhunderts spezialisiert ist.
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