Il Fido Amico: bisher verschollen

Noch produktiver als seine nahezu gleichaltrigen Zeitgenossen Georg Philipp Telemann und J.S. Bach komponierte Christoph Graupner ganze 1418 Kantaten, darüber hinaus zahlreiche Instrumentalwerke in unkonventionellen Besetzungen, etwa ein Konzert für Oboe d’amore, Flöte d’amore und Viola d’amore in G-Dur oder eines in B-Dur für Viola d’amore, Chalumeau und Oboe.

Aus einer Kantate von Christoph Graupner (1683-1760).
Titelblatt des Librettos zu Graupners „Singspiel“ Berenice und Lucilla (1712, CC-Liz.)

Seine Bühnenwerke wies Christoph Graupner überwiegend eher bescheiden als Singspiele oder auch Pastoral, Musikalisches Schauspiel oder Operetta aus. Leider scheint gegenüber der riesigen Zahl an zu einem gewissen Anteil erhaltenen Suiten, Konzerten, Sinfonien und bei etwa zehn solchen kleineren und größeren Opern die Musik (vorerst) verloren zu sein. Während seiner Zeit als Cembalist an der Gänsemarkt-Oper in Hamburg brachte er Dido, Königin von Karthago (1707) zur Aufführung, kurz darauf L’Amore Ammalato (1708), im selben Jahr Il Fido Amico oder: Der getreue Freund Hercules und Theseus. Ab 1709 fungierte Graupner als Vizekapellmeister der Darmstädter Hofkapelle und avancierte zwei Jahre danach selbst zu deren Leiter. Hier empfahl er sich durch Berenice und Lucilla, (1710), Telemach (1711), La costanza vince l’inganno (1715), Divertissement (1717) und das Pastoral Adone (1719), das aber möglicherweise von einem anderen in Musik gesetzt wurde.

Johann Philipp Breymanns Libretto zur Oper Il Fido Amico, deren Musik leider bisher nicht aufzufinden war, beschäftigt sich mit dem Thema der Freundschaft zwischen den Heroen Herakles und Theseus. In der Oper stehen sie einander zwar in schwierigen Situationen bei und sind bereit, dafür Opfer zu erbringen, doch wird die Loyalität auf eine schwere Probe gestellt, nachdem Herakles Deianeira, Theseus‘ Geliebte, entführt hat. Letzten Endes triumphiert aber die Tugend, ein beliebtes Thema in Sujets des frühen 18. Jahrhunderts, und lässt sich beide Helden wieder miteinander versöhnen.

Ein Chalumeau aus schwedischer Staatssammlung, wie es Christoph Graupner in einem seiner Tripelkonzerte vorgesehen hatte (Sofi Sykfont, Swedish Museum of Performing Arts, Chalumeau M139, CC-Liz.)
Herakles, Perithoos und Theseus (Gips, unbekannter Bildhauer, Statens Museum for kunst, Kopenhagen, Dan. p.d.)

Es ist zu vermuten, da die Musik ja verloren ist, dass Graupner auch hier wieder eine ausgefeilte Orchestrierung angewandt und die Charakterisierung der Figuren durch Stimmführung und Harmonik weiter individualisiert hat. Bemerkenswert ist im Gesamtwerk des Komponisten, dass er weder die Merkmale der gängigen spätbarocken Satzweise prägnant umsetzte noch besondere Stileigenarten der Vorklassik pflegte, sondern eigene Modelle entwickelte.

Literatur u.a.

Christoph Großpietsch: Christoph Graupner. In: Ingeborg Allihn: Barockmusikführer. Instrumentalmusik 1550-1770. Stuttgart, Weimar 2001. S. 190 – 196.


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