Ragnhild Hemsings erstes Album mit Beiträgen von Tveitt, Svendsen, Lie und Bruch erscheint am 31. März 2023.
In seinem Konzertstück für Violine und Orchester Die Huldra und Elland, uraufgeführt 1896, verarbeitete Sigurd Lie, der in seiner Heimat Norwegen als zweiter Grieg galt, die Begegnung eines realen jungen Mannes mit der mythischen Huldra, in der Romantik hartnäckig geliebtes Substrat des populären Aberglaubens. Es handelt sich bei der skandinavischen Waldfee um einen weiblichen Naturgeist, der sich bei schlechter Behandlung in eine Furie verwandeln kann, gleichzeitig aber für den Schutz der Köhler zuständig ist. Der allzu früh verstorbene Komponist interessierte sich, wohl aufgrund seiner Studienaufenthalte in Leipzig und Berlin sowohl für deutsche als auch für seinerzeit modische norwegische Sujets. Von 1903 ist zudem eine a-Moll-Symphonie aus seiner Hand überliefert.

Das programmusikalische Konzertstück zeichnet sich durch die Gesanglichkeit seines solistischen Parts aus, hinter dem das Orchester überwiegend einen Klangteppich ausbreitet oder dem es im rhythmisch prägnanten mittleren Abschnitt energisch sekundiert und in wenigen Takten als Tanzkapelle in den Vordergrund tritt. Der dritte Teil führt die leidenschaftliche Kantilene der liedhaften Violinstimme aus dem ersten fort.

Ragnhild Hemsing spielt auf ihrem ersten Soloalbum mit dem Philharmonischen Orchester Bergen unter Leitung von Eivind Aadland aber nicht nur die klassische Violine, sondern auch die Hardanger-Fidel, dessen eigentümlich schnarrendem und über ein großes Ausdrucksspektrum verfügenden Klang Geirr Tveitt sein ebenso schillerndes wie 2. Violinkonzert 3 Fjorde widmete. In diesem verewigte der schon der norwegischen (Post-)Moderne zuzurechnende Komponist die lokalen optischen und kulturellen Besonderheiten des Hardangerfjords, des Sognefjords und des Nordfjords. Melodien und Rhythmen verschiedenen Ursprung blitzen in diesen lebendigen Bildern auf. Ab und an kommt die Fidel der Charakteristik des Mundharmonikatons oder dem des Cellos nahe. Der Hörer gewinnt den Eindruck, dass der auch popularmusikalisch verwertbare Klang der Fidel die eigentliche Herzensangelegenheit der Solistin ist.
Auch mit den zwei anderen Werken, die das norwegische Repertoire an Violinkonzerten in seiner Breite repräsentieren, bietet Eivind Aadland mit seinem von jeder Sentimentalität weit entfernt musizierenden Orchester ein regelrechtes Spektakulum. Es sind auf der auch hinsichtlich der Aufnahmequalität exzellenten CD außerdem Max Bruchs 1. Violinkonzert g-Moll und Johan Svendsens Romanze für Violine und Orchester zu hören.

Album und Informationen wurden freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Büro für Künstler Hasko Witte.