Die vierzigteilige Lichtinstallation THE WAVE, die seit Januar dieses Jahres wieder am Ophelia-Platz vor dem Schauspielhaus in Kopenhagen zu sehen (und zu hören) ist, wurde von der Komponistin Louise Alenius, Jahrgang 1978, unter dem Thema ILT neu beschallt und als riesige Lunge uminterpretiert – ein Vorgriff auf ihre noch namenlose Oper, die im Frühjahr 2022 über die Bühne gehen soll.

Ein Auszug daraus ist beim Label Dacapo schon zu hören: Die fünf auftretenden einzelnen und miteinander abwechselnden Vokalstimmen repräsentieren gleichermaßen Organe, die nach Sauerstoff rufen; der Bezug zur Gegenwart ist dabei durchaus alarmierend und provozierend gemeint … Louise Alenius, Jahrgang 1978, trat übrigens bereits erfolgreich mit ihrem Ballett Napoli im Königlichen Theater Kopenhagen vor das Publikum, es folgte 2013 mit Elefantmanden („Der Elefantenmann“) eine spektakuläre Sommerballettinszenierung.

Ihrem Kollegen Sunleif Rasmussen, geboren 1961, ist mit Andalag ein neues Album gelungen, das den gewollt „unfertigen“ Eindruck seiner Musik mehrfach unterstreicht; die Fanfare Lontane von 2009 für Bläseroktett ebenso wie Andalag Nr. 5 und das Andante e dolce der Viola-Sonate Nr. 1 sind sich vortastende Experimente mit offenem Ausgang. Hier erscheint der Komponist von den Färöern wie ein Alexander Kluge der Musik; das Unvollendete und manchmal Erratische werden in dieser Einspielung mit dem Ensemble Aldubáran und dem Bratschisten Jákup Lützen zu einem besonderen. nicht nur intellektuellen Vergnügen: Alle Instrumente zwingen den Zuhörer insbesondere in den dezidiert kammermusikalischen Passagen geradezu in eine genaue Analyse der Klänge und in das Erleben ihres „Nachschwingens“ hinein. Andalag bedeutet schließlich auf Färisch soviel wie „Atemmelodie“.

Der Pianist und Komponist Jakob Davidsen, Jahrgang 1969, führt schließlich mit seinem mehrteiligen, vordergründig an die Psalmen angelehnten, aber eigentlich Shakespeare-Zitate exponierenden kantatenartigen und sparsam instrumentierten Werk Verden er Babel og Elfen („Die Welt ist aus Babel und Elfenbein“) abstrakte Vorstellungen einer Welt auf, die „aus Glas“ sein kann, das Ich mit dem Du konfrontiert oder den Aufstand aller thematisiert. Mit seinem eigenen Kammerensemble und dem FIGURA Ensemble sowie last but not least der Sopranistin Signe Asmussen wurden die ohne Erläuterungen nur schwer nachvollziehbaren Einzelteile in Bewegung und Szene gesetzt. Verstörung des Zuhörers ist ein womöglich gewolltes Resultat eines ziemlich unkonventionellen virtuellen „Konzertbesuchs“.

Last but first erscheint in wenigen Tagen eine in jeder Hinsicht aufwändige und lohnende Zusammenstellung von Konzerten Bent Sørensens, der 1958 im seeländischen Borup nahe der Stadt Ringsted das Licht der Welt erblickte und unter Anwendung romantisch-tonaler wie atonaler Satztechnik gerne auf Echoeffekte setzt. Drei der profiliertesten derzeitigen dänischen Solisten wurden für dieses Projekt gewonnen. Tine Thing Helseth spielte das für sie geschriebene Trompetenkonzert, das zwischen 2012 und 2013 entstand, Leif Ove Andsnes übernahm den Klavierpart in La Mattina (2007 – 2009) und Martin Fröst die Klarinettenstimme in Serenidad („Heiterkeit“), komponiert in den Jahren 2011 und 2012. Auch die Begleitung ist prominent: Im Studio war neben dem Dänischen Nationalen Symphonieorchester das Norwegische Kammerorchester mit ihren jeweiligen Dirigenten Thomas Søndergård und Per Kristian Solstad.