Zu einer Zeit, in der die europäische „middle class“ infolge der Verselbstständigung des Bürgertums zunächst in den Städten deutlich anwuchs, erweiterte sich auch der kreativ-künstlerische Wirkungskreis der Frauen – zumindest im privaten Bereich und bei solchen, deren Ehemänner prosperierenden Geschäften nachgingen oder aus wohlhabend(er)en adligen Familien kamen. In der Regel bedeutete dies für die Töchter auch immer öfter die Möglichkeit ein Studium an einer Akademie oder Universität zu absolvieren. Die musikalische Betätigung selbst beschränkte sich aber auch gegen 1750 auf den häuslichen Bereich, den Gesang, das Cembalo- oder Klavierspiel und das kammermusikalische Komponieren, so auch im Falle der (alleine an ihrem Werk nachweislich) hochbegabten Elizabeth Gambarini.

Sie wurde 1730 im englischen Marylibone als Tochter eines Rats des Markgrafen von Hessen-Kassel und einer Italienerin aus aristokratischer Familie mit Wurzeln in Lucca und in Dalmatien geboren. Als einziges von drei Kindern erreichte Elizabeth, nach anderen Lesarten Elisabetta, das Erwachsenenalter und erhielt in ihren Jugendjahren schon die Möglichkeit, ihre künstlerischen Fähigkeiten zu entfalten, die neben der gesanglichen Ausübung auch das Spiel auf diversen Tasteninstrumenten und die Leitung eines Orchesters ebenso einschloss wie die Malerei.
Als erste Frau der britischen Musikgeschichte veröffentlichte sie mit The Six Sets of Lessons for the Harpsichord schon im Teen-Alter eine Sammlung mit Cembalowerken; dafür interessierten sich zahlreiche Prominente der damaligen Musikszene, unter anderem auch Georg Friedrich Händel, die den Druck der Cembalostücke bestellten. Auf CD liegt eine dem Geist einer Übergangsperiode sehr angemessene Aufnahme der Stücke mit Anthony Noble vor. Rein spekulativ muss bislang die Annahme bleiben, dass sie bei Francesco Geminiani studierte, wohl weil sich in ihren Werken Hinweise auf seinen spätbarocken und empfindsamen Stil finden.

Nachdem Elizabeth de Gambarini 1764 im für damalige Verhältnisse mittleren Alter Étienne Chazal in St.-Martin-in-the-Fields geheiratet hatte, war ihr Glück leider nur noch von kurzer Dauer, denn sie starb im Februar 1765 womöglich bei oder bald nach der Geburt einer Tochter, die den Namen Giovanna Georgiana nach den Vornamen ihrer adligen Eltern erhielt, im Kindbett.
In jungen Erwachsenenjahren hatte sie durch ihre Auftritte als Sängerin in Oratorien Händels frühe Karriere gemacht. Der so erworbene Ruf ermöglichte ihr 1748 ein eigenes Benefizkonzert zu veranstalten, bei dem sie sich singend selbst auf der Orgel begleitete. Viele Konzerte folgten während ihrer gesamten weiteren Schaffenszeit: Sie hatte große Auftritte sowohl in einem Konzertsaal in Soho als auch im für die Londoner Kulturszenen zentralen Haymarket Theatre. Bei diesen erklangen häufig ihre eigenen Werke, außerdem spielte sie Cembalo oder Orgel und sang. Exakt zur Mitte des Jahrhunderts der Aufklärung ließ sie eine weitere Komposition, die Liedersammlung unter dem Titel XII English & Italian Songs, for a German flute and Thorough Bass drucken. In Kontinentaleuropa und auch andernorts wartet ihr Oeuvre freilich bis heute auf die entsprechende (überfällige) Anerkennung …