Salterio-Noten: Im Entdeckungsmodus

So dunkel kann selbst das Mittelalter nicht „getönt“ haben, wenn es ein Instrument mit so viel Klangmagie wie das (in der Antike verwurzelte) Psalterium hervorbrachte, das zunächst übrigens zu den Lauten gerechnet wurde. Die italienische Bauart des Salterio taucht urkundlich erstmals 1723 auf, obwohl es zuvor und – bis heute folkloristisch etwa im Alpenraum – in Ensembles und als Soloinstrument häufig gebraucht wurde. Es diente, wie das Beispiel des italienischen „Nachfolgers“ zeigt, gerade auch zur Aufführung „ernster“ Kammer- wie Kirchenmusik und wurde gerne mit drei Fingerplektren gezupft, oder mit einem Stäbchen geschlagen.

Salterio auf italienische Art, vorwiegend gezupft oder geschlagen: Hier kommen kaum gehörte mehrsätzige Werke italienischer Komponisten zwischen 1770 und 1800 zu Klang (B07CXK4N2Q, Christophorus, 2018).

Um 1770 kam das Salterio besonders in Mailand in Mode, wovon zahlreiche Kompositionen von Carlo Monza und (später) Melchiorre Chiesa zeugen. Spektakulär wurde in jüngerer Zeit mit Alter Musik auf dem Instrument die 2009 unternummene Einspielung des Duo con fuoco, bestehend aus der Salterio-Expertin Sabine Kadner und der Lautenistin Eva-Maria Wende. Im Juni 2018 legte die sparsam, aber passgenau auch Verzierungen spielende Solistin Franziska Fleischanderl in Verbindung mit dem Ensemble Il Dolce Conforto und der Mezzosopranistin Romina Basso interessantes, selten gehörtes Repertoire aus der Frühklassik, überwiegend in Sonaten, von Fulgenzio Perotti, Florido Ubaldi, Girolamo Rossi, dem Padre Giovanni Battista Martini und Vito Ugolino vor. Hierbei handelt es sich ausdrücklich um original für das Salterio geschriebene Werke.

Repertoire für zwei Instrumente im Umbruch vom Barock zur Vorklassik, Salterio und Chalumeau bzw. Klarinette (B01L2ZS2XS, cpo 2016), technich und agogisch perfekt inszeniert von den Musiker/inne/n der Salzburger Hofmusik unter Wolfgang Brunner

Tatsächlich dürften in den Notenarchiven gerade aus den stilgeschichtlich wechselvollen Jahren zwischen 1720 und 1770 noch zahlreiche Notenmanuskripte schlummern; in den vergangenen zwanzig Jahren wurde dennoch einiges „ans Tageslicht“ (oder aus konservatorischer Sicht: künstliche Licht) geholt. Dazu zählen nicht zuletzt die mit der Revolution des Chalumeaus als Vorläufer der Klarinette im Orchester einhergehenden allgemeinen Umwälzungen im Repertoire um 1750: Vom „Arbeitstier“ Georg Philipp Telemann seien von einer Aufnahme der Salzburger Hofmusik aus dem Jahr 2012 dessen Fantasie Nr. 5 für ein Zupfinstrument, eine Sonatine für Hackbrett und Basso continuo sowie eine für Barockklarinette, Diskant-Chalumeau und Salterio arrangierte Triosonate erwähnt.