Neben Joseph-Henri Altès und Eugène Walckiers zählte Jules Demersseman zu den begabtesten Schülern des damals unumstrittenen französischen Flötenmeisters Nr. 1, Jean-Louis Tulou. Dieser, der sich neben seiner Virtuosenkarriere auch der Jagd und der Malerei gewidmet und seinen größten Konkurrenten, Louis Drouet, aus dem Rennen geworfen hatte, prägte mit mehr als 130 Kompositionen (überwiegend für sein Instrument) die Entwicklung der französischen Flötenliteratur maßgeblich. Demerssemans Lehrer diente hauptsächlich der Pariser Oper und wurde später Professor am Konservatorium der Seine-Metropole.

Jules Demersseman wurde am 9. Januar 1833 in Hondschoote nahe der belgischen Grenze in eine Zeit der Ausbildung partikularer nationaler Schulen auf dem Gebiet der Musik hineingeboren, denn zu dieser Zeit begann sich sowohl eine landeseigene Tradition durch Baillot im Violinspiel als auch durch Érard in der Klaviertechnik und durch Cavaillé-Coll beim Orgelbau zu etablieren, die nachhaltigen Einfluss auf das gesamte 19. Jahrhundert zeitigten. So erwies es sich für den genialen Flötisten, der bereits als Zwölfjähriger den ersten Wettbewerbspreis am Pariser Konservatorium für sich verbuchen konnte, als glückliche Schickung, dass in seine Schaffensjahre auch die Erfindung des Saxophons fiel, zu dessen frühem Repertoire er durch einige kammermusikalische Kompositionen, etwa mit seiner Fantaisie sur un thème original oder mit Introduction et Variations sur ‚Le Carnaval de Venise‘ beitrug.

Für die Besetzung des Stücks durch Altsaxophon und Klavier komponierte er 1860 zudem seine famose Serenade op. 33 mit einem sehr charakteristischen synkopierten Anfangsthema. Dank des Einsatzes des teils belgischen, teils deutschen Ensembles The Sax Players, seinem Altsaxophonisten Guy Goethals und dem Pianisten Guy Penson, geriet diese kleine, wenig mehr als siebenminütige Komposition wieder in den Fokus des Hörers. Bis heute gilt allerdings Demerssemans Solo de Concert Nr. 6 op. 82 für Flöte als sein bekanntestes Werk. Zum „Italienischen Konzert“ wurde es infolge des einer neapolitanischen Volksmelodie entlehnten Mittelsatzes und des Saltarello-Tanzes im Schlusssatz erklärt.

Eine Hochschulkarriere blieb Jules Auguste Demersseman wohl nur deshalb versagt, weil er – ebenso wie sein einstiger Lehrer Jean-Louis Tulou übrigens – den neuen Typus der Flöte von Theobald Böhm nicht annahm. Der überlegene Flötenakrobat starb im Alter erst von 33 Jahren an der Tuberkulose und hinterließ so nur ein zwar ansehnliches, aber relativ schmales Oeuvre.
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