Der Norden – eine Kältekammer? Was das hausinwendige Leben zur Weihnachtszeit betrifft, trifft dies ganz offensichtlich weniger zu, denn zum „Jul(e)aften“, dem Heiligen Abend und den nachfolgenden Tagen widmeten dänische, schwedische, norwegische, finnische und isländische Komponisten reichlich Weihnachtsmusik. Herz(- und hirn)erwärmend im dunklen, frostigen Dezember sind jedenfalls unter anderem Diderik Buxtehudes Advents- und Weihnachtskantaten Das neugeborne Kindelein, Der Herr ist mit mir oder Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, daneben das ursprünglich einem seiner prominenteren Zuhörer, nämlich J.S. Bach zugeschriebene Magnificat anima mea, das als Anhang 1 zum Bach-Werke-Verzeichnis geführt wird.

Verglichen mit den tendenziell feierlich-ernsten Weihnachtsklängen in deutschen Landen geht es in Dänemark beispielsweise schon lange fröhlicher zur Sache, wobei der Bescherung der Kinder am Heiligen Abend großer Raum gelassen wird. Die Präsenz des Weihnachtsmanns und die mit dem Fest und dessen Geschenken verbundenen mehr weltlichen als geistlichen Geschichten rücken die skandinavischen Varianten doch eher in die Nähe der US-amerikanischen, auch wenn die kommerzielle Schlagseite dabei fehlt.
Als besinnlich und doch heiter ließe sich das nordeuropäische Repertoire damit beschreiben. Angesichts der mancherorts eher dem Lichtfest zur Wintersonnwende als den Inhalten der christlichen Botschaft gewidmeten Festlichkeiten spielen die Arrangements rundherum und die Beziehungen der Feiernden zueinander in den Liedern eine deutlich größere Rolle und sind von den Berichten der Evangelisten nahezu komplett entkoppelt. Bei den Kindern kommt Rentier Rudolf mit der roten Nase, wie ihn Liller besingt, ins Spiel und der Weihnachtsmann ist allen ans Herz gewachsen, wie es Poul Reichhardt im Lied Du kære gamle Julemand zum Ausdruck gebracht hat.

Was wäre Weihnachten ohne Chöre und Vokalsolisten? Auch Jean Sibelius, der sonst eher für seinen bärbeißig-scharfzüngigen Witz als für Besinnliches bekannt war, trug zu Advent und Weihnachten bei, unter anderem mit So komm nun, Weihnacht. Gustaf Nordqvist schrieb den Satz zum euphorischen Lied Weihnacht, Weihnacht, strahlende Weihnacht, Otto Kotilainen komponierte das schwedischsprachige Sparven på julmorgonen („Der Spatz am Weihnachtsmorgen“), Leevi Madetoja und Ruben Liljefors bereicherten ebenfalls mit nachdenklichem ebenso wie ausgelassen stimmendem Liedgut das Fest.
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