Als legendär kann sicher der gemeinsame Auftritt des Gitarristenkomponisten Paulo Bellinati mit dem Klarinettisten Harvey Wainapel für ihr gemeinsames Album bei Acoustic Music im Jahr 2004 bezeichnet werden – einmal, da die deutlich folkloristisch verwurzelten Werke des ersteren mittlerweile so populär sind, dass er sie nicht mehr selbst spielen muss, um sie zu hören, zweitens, weil eine Duettformation aus diesen beiden Instrumenten (teils selbst in Brasilien) nicht eben alltäglich erscheint.

Dabei stellt für den an indigener Folklore und am Jazz orientierten Musiker aus São Paulo die ständige Kooperation mit anderen geradezu die Normalität und ein unverzichtbares Lebenselixier dar. Dies dokumentiert unter anderem die Teilhabe an einem CD-Projekt unter dem Lewis Carroll zu verdankenden Titel O Sorriso do Gato de Alice oder: Das Lächeln von Alice‘ Katze mit der berühmten Tropicalismo-Sängerin Gal Costa. Bellinati besorgte hierfür nämlich sämtliche Arrangements. Prompt erhielt er in Folge den Prémio Sharp, der unserem Grammy entspricht. Auf Tournee ist er in der Regel mit der Sängerin Mónica Salmaso, dem Bassisten Steve Swallow und dem brasilianischen Flötisten Antonio Carrasqueira unterwegs, daneben veranstaltete er (des Öfteren) Konzertsessions mit Carla Bley, Leila Pinheiro, Renaud Garcia-Fons und Chico Buarque. Vor allem aber arbeitete er mit der Gruppe Pau Brasil zusammen, was von den Auftritten abgesehen in fünf Plattenaufnahmen resultierte.

Die ebenso vielfältige wie abwechslungsreiche Ausbildung an der Musikhochschule für Theater und Musical seiner Heimatmetropole und danach am Genfer Konservatorium mit anschließendem Engagement in Lausanne sorgte dafür, dass er nicht alleine die bei seinem Vater erlernte Gitarrentechnik perfektionieren konnte, sondern vor allem das Handwerk als Arrangeur erlernte, von dem später neben weiteren Musikern Edu Lobo, Vânia Bastos und Leila Pinheiro profitierten.

Eine nicht geringe Zahl der erfolgreichen Gitarrenstücke sind dennoch Solowerke: Erst vor fünf Jahren griff das Duo Tüchler & Schmuckermair den in Brasilien beliebten Titel Jongo auf, das BerlinGuitarTrio nahm seinen ursprünglich 1977 für Sopransaxophon mit Instrumentalensemble geschriebenen „Hit“ Baião de Gude ins Programm auf ebenso wie es das Los Angeles Guitar Quartet auf seiner CD Air & Ground tat. Das Lächeln der Katze – komme es nun von der wundersamen Katze aus Alice im Wunderland oder der Jazzkollegin Gal Costa – blieb ihm auch auf seinem Soloalbum A Felicidade treu, was die höchst variative und witzige Auswahl der gespielten Stücke spiegelt: Sie enthält neben einem brasilianischen Walzertitel so bekannte Arrangements für die Gitarre wie Lindiú und Brigas Nunca Mais.
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