Es dürfte endgültig geklärt sein, dass der keltisch-irische Name der letzten Oktobernacht morgen nicht von der freundlichen Anrede Hello Ween! abgeleitet wird, sondern einfach All Hallows‘ Eve, also den Abend vor Allerheiligen bezeichnet. Und auch die hartnäckig vertretene These des heidnischen Ursprungs ist aus Sicht der Wissenschaft vom Tisch – nicht allerdings der scheinbare Freibrief für jene, die Schabernack treiben wollen, weshalb man Halloween zu den Unruhenächten zählt, zu denen in der westlichen Welt ebenso die Zeit unmittelbar nach Neujahr gehört. Ging es in Schottland dabei derber zu, so dass die Kirche einzuschreiten suchte, trieb man in England ursprünglich nur harmlose Scherze. Die US-amerikanische Horrorfiktion quer durch Romane, Filme und Computerspiele leitet sich aus diesen althergebrachten „Ruhestörungen“ ab.

Dabei machte etwa das Blair Witch Project Schule, das vom Ensemble Tritonus an Halloween 2009 in Verbindung mit dem Hamburger Orchester im Treppenhaus zu Lüneburg zelebriert wurde. Den ultimativen klassischen Soundtrack zum Kürbis- und Maskenfest lieferte allerdings 2013 Warner Classics mit einer Kompilation von Beethovens Mondscheinsonate (sic!), Webers Wolfsschlucht-Finale im Freischütz, Berlioz‘ Songe d’une nuit du Sabbat aus der Symphonie fantastique, Liszts Totentanz, Prokofieffs Die Schlacht auf dem Eis aus Alexander Nevsky und Rachmaninoffs düster-dräuend intoniertes cis-Moll-Präludium. Außer im ersten Fall wird mit dieser halbwegs gleichermaßen karnevalistischen Auswahl überwiegend dem grusligen Genre gehuldigt.

In Europa hingegen handelt es sich weitgehend um ein vom nächtlichen Schrecken entkrampftes, eher mit Kinderlaterne, Kürbissuppe und Komik als rasselnden Skeletten inszeniertes Interimsfest, das gut zur Zeit vor dem Heiligen Martin mit seinen Laternenumzügen passt.

Dabei sekundierte der US-Variante bereits 1999 das Orlando Philharmonic Orchestra durch eine passende Einstimmung wie in die Walpurgisnacht, nämlich unter weiterem mit Liszts Mephisto-Walzer, Modest Mussorgskys Eine Nacht auf dem kahlen Berge und … man ahnt es … der Baba-Yaga-Erzählung aus dessen Bildern einer Ausstellung, Rimsky-Korsakoffs Unsichtbarer Stadt Kitzeh sowie Saint-Saëns‘ Danse macabre (B000051VIZ, Mediaphon). Auch hier wird deutlich: Mit dem unmittelbar anschließenden katholischen Feiertag Allerheiligen hat all dies nicht viel zu tun, es geht selbstverständlich um den Gewinn des Konzertpublikums.
Nur einen der überwältigend häufigeren Gegenentwürfe lieferte um die Jahrtausendwende das Label von Steven Cravis mit Happy Halloween Music für Kinder, um die bösen Geister in vergnüglicher Weise aus den Köpfen auszutreiben. Doch auch hier ertönen zunächst Hintergrundlaute wie aus einer Geisterbahn, die jedoch von einer basslastig lachenden Stimme im Vordergrund als Spuk enttarnt werden.
Schreibe einen Kommentar