Die südwestkaribische Landbrücke Costa Rica machte in Sachen klassischer Musik von sich reden, als eine vier(!)jährige Violinistin nicht nur erstmals solistisch vor dem Jugendorchester des Landes spielte, sondern gleichzeitig dirigierte. Ana Gabriela Castro-Rosabal stand dabei, um die Musiker überhaupt vor sich sehen zu können, auf einem hölzernen Podest, das ihr Vater Enrique gebaut hatte. Im gleichen Jahr 1970 wurde das Staatliche Symphonieorchester des Landes aus der Taufe gehoben, das zunächst unter Gerald Brown spielte; beinahe auf Augenhöhe agieren Band und Orchester der Landesuniversität in San José, abgesehen von etlichen Kammermusikvereinigungen und einem Ensemble für Alte Musik. Mit ihr hat in puncto Ausbildung und Repertoirepflege die Staatliche Universität in Heredia bereits gleichgezogen.

Als einer der profiliertesten Komponisten des Landes gilt neben Benjamín Gutierrez, Bernal Flores oder Eddie Mora Alejandro Cordona, der 1959 in der Hauptstadt San José geboren wurde, nicht nur, weil er außer Landes ging und sich in Harvard bei Leon Kirchner und Ivan Tcherepnin vervollkommnen konnte. In den 1990er Jahren erwarb er sich in Utrecht zusätzlich zu den bereits absolvierten Kompositionsstudien tiefreichende Kenntnisse in Computeranimation und Bilderzeugung. So war es gerade die Breite seines synästhetischen Wissens, die ihn zum Hochschuldozenten in Heredia prädestinierte. Gerade durch seine selbstständig geschaffenen, nicht von Auftragen abhängigen Werke erhielt er bedeutende Musikpreise, darunter 2004 den Premio Iberoamericano Rodolfo Halffter de Composición.

Neugierig macht Cordonas Leben in zwei, wenn nicht gar drei „Musikwelten“: Neben seinen vielfach von der Kulturgeschichte und -gegenwart Costa Ricas beeinflussten Kompositionen tritt er als Gitarrist auf, ist Mitglied der Bluesband Calacas Blues und nicht zuletzt Filmemacher. Die Beschäftigung mit heimatlicher, teils folkloristischer Überlieferung spiegelt sich in seinem an die Mayas gemahnenden Klavierzyklus Xikiyeua in Xochitl aus den Jahren 1983 bis 1989. Indigen afrikanischen bzw. schwarzkaribischen Sujets widmete er sich im folgenden Jahrzehnt mit Rikkita Kongo Yeri Kongo für Bassklarinette und Schlagzeug und mit Moyugba Orisha für Violoncello solo. Seinen Erfahrungen in der visualistischen Gestaltung verdanken sich die 1999 geschaffenen Klanginstallationen América Angostura und Texturas, una ventana a Centroamérica. Darüber hinaus dachte er sich etliche Beiträge für die Besetzung Violine mit Klavier, Piano allein oder mit Orchester sowie für Streichquartett aus. Zwischen 1997 und 1998 brachte Alejandro Cordona die CDs Lamento, Esperanza und Celebración heraus, deren Titel selbst schon die allmähliche „Apotheose“ zu einer gelösten Lebensstimmung verraten.
Schreibe einen Kommentar