In Israels Musikszenen funktioniert die etwas fernere Nachbarschaft zu Spanien (dank der weit zurückliegenden sephardischen Vermittlung?) genauso gut wie jene zum Libanon und überhaupt zur arabischen Welt. Aus diesem Grund kamen im Heizwerk Erfurt ebenso die traditionelle Kurzhalslaute Oud, das in der europäischen Klassik verwurzelte Violoncello und nahöstlich gemischtes Schlagwerk mit getrommeltem, schwirrendem und klingelndem Klangdesign gemeinsam zum Einsatz, verbunden durch die in west-östlicher Melismatik erfahrene und selbst in höheren Lagen klare Stimme von Miriam Toukan, die ihr neues Ensemble nicht nur anführt, sondern ihm auch ihren Namen gab.

Das Publikum zeigte sich am Sonntagabend ebenso beeindruckt von Idan Toledanos fliegenden Wechseln zwischen und auf diversen Saiteninstrumenten wie von Racheli Galays Cello-Glissandis oder Noa Vax‘ Rhythmusklangfarben gerade im temperamentvollen letzten Instrumentalstück dieses pausen- und nahezu atemlosen Konzertabends. Die für viele eher betrüblichen nordöstlichen Wahlergebnisse rückten angesichts des dazu äußerst gegensätzlichen, da Kulturen verbindenden Spiels des israelischen Quartetts weit in den Hintergrund.

An manches der (auch) originalen Lieder, die vokal mit instrumentaler Begleitung, mal rein instrumental gestaltet waren, knüpft sich eine persönliche, familiäre Geschichte, die häufig erst den Anlass gab. So widmete Idan Toledano seiner kleinen Tochter ein gleichermaßen gefühl- wie temperamentvolles „Ständchen“ im gemischt nahöstlichen Kolorit. Und Racheli Galay, die aus einer Musikerfamilie stammt, hatte eine Komposition ihres Vaters aus dem Heimatland mitgebracht.

Die europäische, aber deutlich orientalisch beeinflusste westliche Kunstmusik kam dabei nicht zu kurz: Ein Arrangement von Joaquín Rodrigos Concierto de Aranjuez mit dem Gesang von Miriam Toukan in Evrid anstatt des solistischen Blasinstruments bildete in gelungener räumlicher Verteilung und unter hochvirtuosem Einsatz der akustischen Gitarre die Stimmen des Orchesters aus der Originalkomposition ab. Lediglich der hohe Raum des Konzertsaals sorgte bei den Vokalstimmen ab und an für übermäßigen Hall. Eine Amalgamierung des Klangkolorits aus verschiedenen Himmelsrichtungen gelang hier in einmaliger Weise ohne Preisgabe der jeweiligen individuellen Stile auf der Basis traditioneller Muster, seien es arabische Sequenzen, Tonleitern des semitischen Raums oder des von der Gregorianik geprägten Westens, unter gelegentlicher Einbeziehung folkloristischen und popmusikalischen Repertoires. Die persönliche „Handschrift“ des Quartetts blieb dennoch den ganzen Abend hindurch unangetastet.
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