An der Schwelle zur Barockzeit bezeichnete man nicht nur einen speziellen, sondern nahezu alle Tänze, bei denen nicht gehüpft und gesprungen werden musste, als „niedere Tänze“, basses danses; demnach hat der Begriff nichts mit einer etwaigen Herkunft von Schichten unterhalb des Hofes zu tun – das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Obgleich der ursprünglich so benannte geradtaktige Tanz insbesondere im 15. und 16. Jahrhundert bei Hof populär war, gehen seine Wurzeln doch viel weiter zurück …

Bereits im Jahr 1320 findet er nämlich Erwähnung in einem okzitanischen Gedicht von Raimon de Cornet. Seit 1455 kommen in der Literatur auch Beschreibungen des Paartanzes vor, der häufig als Ergänzung zum schnelleren Tourdion erwähnt wird – wie ja auch die Courante als Supplement der Allemande gesehen wurde und die Gaillarde als „bessere“ Hälfte der Pavane galt.
Die genaueste Schilderung einer Basse danse rührt vielleicht von Thoinot Arbeau her, der ihr sowohl Einzel- und Doppelschritte als auch Seitwärtsbewegungen und Rückwärtsläufe in variantenreicher Abfolge zuschrieb. Als besonders praxisnah kann ein Brüsseler Manuskript aus dem frühen 16. Jahrhundert bezeichnet werden, das ein großes Repertoire von nahezu 60 Melodien mit Tanzschritten aufweist.

Zu den hier gegebenen Tonfolgen improvisierten die weiteren Instrumentalisten zusätzliche Stimmen. Eine besonders reichhaltige Quelle stellt Pierre Attaingnants Sammlung vierstimmiger Basses danses (und anderer Formen) um 1530 dar. In ihrer Blütezeit unterschied sich die Besetzung kaum von der anderer Tänze, die durch Trompeten und Schalmeien oder Harfe, Laute und Schlagwerk ausgeführt wurden. Der Basse danse als Schreittanz eignete ein eher gemessener Charakter, der dem „majestätischen“ Auftreten der hohen Aristokratie durchaus korrespondierte.

Für erfrischende Abwechslung sorgte der gerne unmittelbar folgende Tourdion als Nachtanz im ungeraden Takt, in der kontrastierend zum etwas steifen Habitus der Basse danse Sprungfiguren vorgesehen waren. Geht man Arbeaus Ausführungen nach, so ist der Tourdion in choreographischer Hinsicht am ehesten mit der Galliarde verwandt, allerdings deren schnellerer Cousin; in seiner Skizzierung hier fehlen allerdings Sprünge, vielmehr bleiben die Schritte knapp über dem Boden. Konkrete musikalische Instruktionen dazu fehlen bis hin zu Attaingnants Sammlung, obwohl der Tanz in der belletristischen Literatur schon viel früher auftaucht.

Als später Nachhall auf die untergegangenen und damit historischen Tänze lässt sich Peter Warlocks Basse-danse in der Gangart Allegro moderato und der Tordion mit der dynamischen Bezeichnung Con moto aus seiner Capriol-Suite von 1926 auffassen. Der britische Komponist und Musikkritiker, der mit bürgerlichem Namen Philip Arnold Hazeltine hieß, bezieht sich damit direkt auf Thoinot Arbeaus Orchésographie aus der Spätrenaissance zurück.
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