Musikszenerien Indonesiens

Natürlich hatten willkürliche Grenzziehungen europäischer Kolonialmächte und der internationale Tourismus (bis heute) ebenso wie die Vernetzung durch das Internet Einfluss auf die politisch und wirtschaftlich ziemlich stabilen Länder Südostasiens, doch wurden etwa in Indonesien die etablierten lokalen Musikkulturen davon nur am Rande berührt. Dabei handelt es sich nicht nur um ein polyethnisches, sondern vor allem auch multireligiöses Land, wobei jede Religionsgruppe auch ihre eigene rituelle Musik pflegt. Nur auf den Molukken ist das Christentum in größerem Umfang präsent, auf den meisten Inseln herrschen synkretistische Spielarten des Islam vor, während auf Bali der Hinduismus weithin verbreitet ist. Nahezu überall verbreitet und populär sind die Cianjuran-Gesänge oder in Westjava das Angklung.

Aufführung des auf Java gebräuchlichen Wayang Wong im Wayang Orang Bharata Theatre Jakarta. Auf der rechten Seite ist die Figur des Sri Kresna dargestellt (Gunawan Kartapranata, 14.8.2010).
Aufführung des auf Java gebräuchlichen Wayang Wong im Wayang Orang Bharata Theatre Jakarta. Auf der rechten Seite ist die Figur des Sri Kresna dargestellt (Gunawan Kartapranata, 14.8.2010).

Spätestens seit Claude Debussys Hinwendung zur indonesischen Musik wurde auch in Europa das hochartifizielle Gamelan-Genre bekannt. Die Begleitung durch Instrumente spielt ebenso ebim Schattenpuppenspiel Wayang kulit eine konstituierende Rolle. Bei Hochzeiten und zur Erntezeit wird zum Tanz musiziert, wobei professionelle Solisten nicht selten in Erscheinung treten. Hinzu kommen Aufführungen ganzer Tanzdramen, zu dem ein Dalang den Handlungsablauf singend mitgestaltet. Auf Sumatra kennt man den von Laien zu religiösen Anlässen getanzten Indang. Varianten des Gamelan begleiten die Darsteller des Maskentanzes Topeng auf Bali und Java, auf letzterem wird auch das Wayang wong praktiziert. Im Ostraum des indonesischen Archipels dominieren vokale Musikformen. Auf Kalimantan überschneiden sich – ebenso hinsichtlich der gepflegten Tänze – die lokalen Grenzkulturen mit denen Bruneis und des östlichen Malaysia.

Die Basis für diese Aufnahme indonesischer Musik bilden die Maskentänze der Tanzdramen (B000003IFH Ocora Harmonia Mundi 1996).
Die Basis für diese Aufnahme indonesischer Musik bilden die Maskentänze der Tanzdramen (B000003IFH Ocora Harmonia Mundi 1996).

Beim Spiel mit den Schattenpuppen tritt ein Ensemble mit zwei gender genannten Metallophonen in Erscheinung, die im besten Fall von einer kompletten Gamelan-Truppe quasi im Sinne eines Orchesters unterstützt werden. Ganze Metallophon-Ensembles, die selonding, gestalten das Musikleben auf Bali. Auf den bereits seit langem christlich geprägten Molukken pflegen die Gläubigen Psalmengesänge in westlicher Harmonisierung. Zu arabischen Texten auf Sumatra singen Männer der Volksgruppe der Mandailing den Zikirrapano, wobei sie sich mit Rahmentrommeln – den rapano – begleiten.

Metallophone (gender) bilden häufig einen Teil des Gamelan-Orchesters (Fir0002, Indonesische Botschaft in Australien).
Metallophone (gender) bilden häufig einen Teil des Gamelan-Orchesters (Fir0002, Indonesische Botschaft in Australien).

Sieht man sich die Struktur der recht komplexen javanischen Musik genauer an, so fällt im Unterschied zu westlichen Formen auf, dass hier eine aus fünf Stufen bestehende, temperierte und fast gelichstufige Tonleiter oder Stimmung zugrunde liegt, das so genannte slendro. Die Tonabstände selbst sind wesentlich kleiner als im Tonleitersystem europäischer Prägung.

Auf einer DVD erhält man auch Einblicke in die farbenreiche Welt der indonesischen Musikszenerien (B0001CJDZU Bali Nusa Dewata Codaex 2004).
Auf einer DVD erhält man auch Einblicke in die farbenreiche Welt der indonesischen Musikszenerien (B0001CJDZU Bali Nusa Dewata Codaex 2004).

Daneben ist auf Java die als weiblich bezeichnete Tonleiter pélog mit Moll-Charakter in Gebrauch, die aus sieben Stufen besteht. Sie setzt sich aus 12 Tönen in gleichen Abständen hinsichtlich der Tonhöhe zusammen. In erklingender Musik werden in der Regel aber nur fünf Töne wirklich verwendet. Wer Einblick in die traditionelle und aktuell gepflegte Musik des Landes gewinnen will, kann dies – mit der filmischen Präsentation der jeweiligen Tänze und Ensembles – über die DVD Bali – Nusa Dewata, die bei Codaex Deutschland seit 2005 vorliegt (B0001CJDZU). Außerdem liegen unter dem Titel Indonésie – Madura. Musique savante auf CD Beispiele zum indonesischen Maskentanz beim Label Ocora / Harmonia Mundi vor (B000003IFH). Übrigens faszinierten nicht nur Debussy, sondern vor Ort auch den in Nordamerika lebenden Komponisten und Pianisten Leopold Godowsky die Klänge von Java so sehr, dass er der Insel 1925 einen kompletten, auf Ansichten wichtiger Lokalitäten beruhenden Klavierzyklus, seine Java Suite, widmete.

 

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