Ein Staatsgebiet mit 6852 Inseln, das Japan von allen anderen Ländern deutlich abhebt, muss zwangsläufig einen hohen Grad an kultureller Diversifikation aufweisen. Verbindlich für die traditionelle, teils folkloristische Musik des Landes sind demgemäß unterschiedliche pentatonische Tonleitern, wobei die Aufteilung in einen „männlichen“ Modus (ryosen) und einen „weiblichen“ (ritsusen) getroffen wird; gewisse Parallelen dazu in den gesellschaftlichen Konventionen sind vielleicht nicht zufällig. Es gibt aber auch Tonleitern mit Halbtonstufung, wie sie beim Koto, einer gewölbten Zither in der klassischen höfischen Musik angewandt werden; sie sind ihrerseits in drei Tonfolgenmodi unterteilt wie sie – in Formeln ausgedrückt – vergleichbar in den europäischen Psalmtönen vorliegen. Im Genre des Enka, einer Form des „Schlagers“ ohne vierte und siebente Stufe, findet sich eine unserem Dur und Moll ähnelnde Unterscheidung.

Gagaku, die elegante Musik des japanischen Kaiserhofs bleibt auf das 7. bis 9. Jahrhundert, unserer nachchristlichen Zeitzählung, also auf die Heian-Periode beschränkt. Dass die Formen dieses Musikstils aus China, genauer: vom rituellen Yayue, übernommen wurden, tut ihrer Einordnung in das Immaterielle Weltkulturerbe der UNESCO keinen Abbruch. Den Reformen aus der Regierungszeit des Tenno Saga (786 – 842 n.Chr.) ist die heutige Zusammensetzung des Gagaku zu verdanken, zu der die Gakuso-Zither, eine Vorläuferin des Koto, gehört. Der Stil wurde schnell vom Adel adaptiert, deren Vertreter die Instrumente bald selbst beherrschten und eigenständig komponierten. Ende des 19. Jahrhunderts erst entdeckte ein breites öffentliches Publikum die Gagaku-Musik für sich und emsige Forschungstätigkeit setzte ein – ähnlich der europäischen Renaissance der Alten Musik im 20. Jahrhundert. Etwa im Alter von zwölf Jahren beginnt die klassische Ausbildung darin, wobei Tanz, Gesang, das Spiel eines Blas- und Saiteninstruments sowie eines westlichen Musikinstruments hohe Anforderungen an die Schüler stellen.

Soweit zur „grauen“ Theorie und Historie. Zum Gagaku gehören auch zeremonielle Lieder, die Outa, wie sie neben Saibara und Roei gepflegt werden. Die führende Rolle im Instrumentarium spielen Flöten, Fasstrommeln, der Gong und die Gakubiwa, eine Verwandte der arabischen Laute. Auf Tonträgern liegt unter dem Titel Ancient Japanese Court Music eine 2014 digitalisierte Aufnahme der Nippon Gagaku Kai vor, Miyavi brachte 2007 eine CD unter dem Motto Gagaku heraus (B000BKJIBQ). Beispiele der Genres Kangen und Bugaku bietet eine Einspielung des Jahres 2002 von Gagaku Suites aus dem Repertoire von Reigakusha und Sukeyasu Shiba (B00006JQT2).
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