Judith Wrights Sinn für die Fauna, das Buschland und die Kultur der Ureinwohner Australiens veranlasste die Historikerin und Psychologin durch viele Dekaden zu Gedichten, die sich alle durch ihren mythischen Grundton auszeichnen. Im Zyklus Birds beschwört sie aber auch die zerbrechliche Seite der Tierexistenz und den Schaden, den die Natur durch den Menschen erleidet. Ihre Poesie wiederum inspirierte Margaret Sutherland (1897 – 1984) zu Liedkompositionen. Die sechs, dem Umfang nach relativ knappen Favoriten Midnight, Winter kestrel, The old prison, Woman’s song, The twins und Bullocky, entstanden als elaborierte Kunstliedsätze für eine beliebige Stimme und Klavier in dem langen Zeitraum zwischen 1950 und 1963. Sie wurden allerdings erst vier Jahre später veröffentlicht. Mittlerweile liegen sie auf Tonträger in einer Realisation der Mezzosopranistin Elizabeth Campbell zusammen mit dem Pianisten Ian Munro vor.

Bedenkt man, dass es sich bei Lyrik und Musik um fast kongruente Klangkünste handelt, nimmt es sich tragisch aus, dass Sutherlands bevorzugte Autorin Judith Wright bereits mit 22 Jahren ihr Gehör fast verloren hatte und so den Vortrag der eigenen Gedichte durch Wort und später Gesang selbst kaum adäquat miterleben konnte. Die ehemalige Studentin von Arnold Bax komponierte außerdem Lieder zu vier poetischen Werken William Blakes und zwei Präludien zum Kirchenchoral Jesu meine Freude. Der eigenen Heimat sind Six Australian Songs gewidmet. Freilich stellen diese Werke nur einen kleinen Teil ihrer Vokalmusik dar. Wie vielfältig ihre Interessen an verschiedenen musikalischen Weltkulturen waren, zeigen unter anderem Arab Love Song, O mistress mine und andere Lieder nach Shakespeare, The orange tree oder Country Places.

Der eigentliche Schwerpunkt aber lag nach ihrem Studium auf der Kammermusik, aus der zahlreiche Sonatinen und Sonaten für verschiedene Besetzungen hervorgingen, Duette oder Quintette, daneben konzertante Musik, The Four Temperaments für verschiedene Instrumente sowie eine Symphonie und die symphonische Dichtung Haunted Hills (1953). Während des zweiten Weltkriegs arrangierte sie Mittagskonzerte für das Rote Kreuz und war in maßgeblichen Positionen verschiedener Gremien, darunter das Australian Advisory Committee for UNESCO, tätig. Margaret Sutherland verbrachte trotz etlicher international ausgerichteten Engagements den größten Teil ihres Lebens in Melbourne; Stationen ihrer Jugendjahre waren London und Wien. Die erste Opernaufnahme eines australischen Bühnenwerks auf heimatlichem Boden stellt ihre 1964 geschaffene Oper The Young Kabbarli dar, die auf einem bedeutsamen Ereignis im Leben der Daisy Bates basiert. In einer neuen Aufnahme von 2011 liegt ihre Streicherkammermusik, gespielt von dem Orchester Marina Marsden & Colleagues beim Label Tall Poppies vor.
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