Dröhnen, Pfeifen, Schnattern, Röhren

Sicher ist eine Werkbesetzung mit acht Blasinstrumentenstimmen aus heutiger Sicht eine Rarität, doch galt dies in Europa keineswegs für die von der Empfindsamkeit und der Frühromantik gerahmten Epochen. Mit zu den prominenteren Beispielen gehören die sechs Partiten Francesco Antonio Rosettis (1750 – 1792), eigentlich František Antonín Rösler, der aus der nordböhmischen Stadt Litomeriče kam und die längste Zeit seines aktiven Musikerlebens als Kontrabassist und Komponist in ländlichen Regionen verbrachte. Nur zwischenzeitlich konnte er die Möglichkeit wahrnehmen, der Provinz zum Zweck einer Kunstreise nach Paris entfliehen, was ihm spätestens nach seiner Rückkehr an die Kleinfürstenresidenz zu Wallerstein einen ordentlichen Karriereschub bescherte. Die Harmoniemusiken, zu denen die Bläserpartiten zählen, entstanden dort allerdings schon in früheren Jahren. Sie weisen einen ungewöhnlichen Erfindungsreichtum und Geschick in Instrumentation wie Stimmführung auf.

Unter dem Motto À la chasse veröffentlichte das Amphion Bläseroktett seine Aufnahmen von vier Partiten Francesco Antonio Rosettis (Pan Classics 2007, B000N39IC0).
Unter dem Motto À la chasse veröffentlichte das Amphion Bläseroktett seine Aufnahmen von vier Partiten Francesco Antonio Rosettis (Pan Classics 2007, B000N39IC0).

Einen markanten Akzent setzen die stakkatierten, von längeren Atempausen abgesetzten Akkorde zu Beginn der Partita in F-Dur, datiert 1785. In perfekter und glänzender Ausführung sind sie vom Amphion Bläseroktett mit seinen Nachbauten historischer Instrumente aus dem 18. Jahrhundert und den Jahren um 1800 in einer Einspielung aus dem Jahr 2006 zu hören. Auf den Hörnerplätzen agieren Miroslav Rovenský, Václav Luks und Stefan Schaller, Daniel Beyer und Christian Leitherer bestreiten den Klarinettenpart, Julie Braná bläst die Flöte, Eckhard Lenzing und Györgyi Farkas spielen Fagott, Xenia Löffler mit Kerstin Kramp die Oboen. Alle nur denkbaren Facetten einer solchen Besetzung werden dank des in sich schon ergiebigen Repertoires werden hier ausgelotet: hier elegisch-lyrische Töne, verspielte musikantische Partien, Tanzbares, choralartige Passagen, Vogelstimmenimitationen, die rustikal schnatternde und pfeifende Dorfkapelle, das derbe Aufspielen in der Kneipe, gesangliche Momente oder auch an die prächtig dröhnenden und scheppernden Intraden der Stadtmusikanten erinnernde Intonationen.

Mit einem der höchsten Musikpreise des Jahres 2015 ausgezeichnet:: Xenia Löfflers CD Venice - The Golden Age mit der Akademie für Alte Musik Berlin (Harmonia Mundi, 2014)
Mit einem der höchsten Musikpreise des Jahres 2015 ausgezeichnet:: Xenia Löfflers CD Venice – The Golden Age mit der Akademie für Alte Musik Berlin (Harmonia Mundi, 2014)

Beim erstmaligen Zuhören wundert es nicht, dass der selten vergebene erste Preis beim Van Wassenaer Concours 1998 in Den Haag dem eben erst gegründeten Amphion Bläseroktett aus Basel verliehen wurde. Alle acht Musiker gingen aus der Schola Cantorum Basiliensis hervor und spielten in weltweit bekannten Barockorchestern unter John Eliot Gardiner, Gustav Leonhardt, Jordi Savall und William Christie. Vom Orchester La Cetra wurden sie als kompletter Bläsersatz aufs Programm gesetzt. Erfolgreich waren sie darüber hinaus mit Produktionen von Mozarts Bläserserenaden und der Ersteinspielung der Werke des aus Böhmen stammenden Josef Triebensee. Eine Aufnahme mit Beethoven-Stücken folgte, dann die Intermedien zur Oper Amphitryon von dem in Schweden wirkenden Komponisten Joseph Martin Kraus und Pleyels Partiten für Bläser. Die Oboistin Xenia Löffler ging seit 2001 mit einer Solokarriere auch durch ihren Einsatz im Orchester Akademie für Alte Musik Berlin seit 2001 aus dem Ensemble hervor. Sie wurde für ihre CD Venice – The Golden Age – die internationale Beachtung fand – mit dem ICMA Awards 2015 in der Kategorie „Baroque Instrumental“ ausgezeichnet.

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