Von den europäischen Wurzeln der US-amerikanischen Lyrikerin und musikdramatisch bedeutenden Komponistin Mira Josefowitz Spector ist bei einem Blick in ihren Werkkatalog auf den ersten Blick wenig übrig geblieben. Sie studierte an der Mannes School und der Juilliard School of Music und hob in den 1970er Jahren das Ensemble The Aviva Players aus der Taufe, das sich unter ihrer Leitung bis heute der Aufführung von weiblicher Vokal- und Kammermusik des zwölften bis einundzwanzigsten Jahrhunderts verschrieb.

In mehrfacher Hinsicht kann Spectors Gründung noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Paukenschlag der Musikgeschichte betrachtet werden, der zwar auf dem amerikanischen Kontinent, etwa auch in Brasilien, Vorläufer hatte, aber aus europäischer Sicht in dieser Konsequenz ein Novum darstellte. Denn nunmehr wurden im öffentlichen Konzertleben ausschließlich Werke zu Gehör gebracht, die zur Zeit ihrer Entstehung in der Regel weder über den engeren Lebensradius ihrer Urheberinnen hinausgelangte noch eine Chance hatte, Eingang in die Repertoires der großen Konzerthäuser zu finden. Meistens nahm auch die breite Öffentlichkeit keine Notiz vom Schaffen dieser Komponistinnen.
Die mit weltweit bekannten Künstlern zusammenwirkende Formation The Aviva Players, in der übrigens auch mindestens ein Mann spielt, trat seither mit Werken (damals) vergessener hochbegabter Komponistinnen auf. Zu ihnen zählen neben Hildegard von Bingen, der Prinzessin Amalia von Preußen, Germaine Tailleferre, Fanny Hensel, Nadia Boulanger, Amy Beach und Ruth Crawford Seeger auch nahezu unbekannte Namen wie Mana-Zucca, Marcelle de Manziarly oder Cécile Chaminade. Natürlich stellt das Quartett um die Cellistin Madeleine Shapiro und den Pianisten Leonard Lehrman gerade auch ein Forum für die Werke junger zeitgenössischer Tonkünstlerinnen dar.

Neben Musikdramen und Musicals schreibt Spector selbst für Film und Fernsehen, Kammermusik und Vokalwerke, wobei ein Schwerpunkt auf dem Liedschaffen liegt. Sie erhielt mehrere Preise des Fonds Meet the Composers. Popularität erlangte sie mit den Opern Lady of the Castle nach einem Schauspiel der israelischen Dramatikerin Lea Goldberg, Passion of Lizzie Borden nach Gedichten von Ruth Whitman und einem Porträt über die Schöpferin des Frankenstein-Romans Mary Shelley auf ein Libretto von Colette Inez und mit der Mini-Oper Casino nach eigenen Texten. Im Bereich von Kunstlied und Kammermusik entstanden Three Songs for Baritone, Two Bedtime Songs und Trois Chansons Francaises auf der Basis von eigener Lyrik und derjenigen von Inez und Phyllis McGinley oder das Trio Voices für Flöte, Geige und Klavier. Drei Gedichte von Goethe inspirierten sie zu Liedkompositionen. Ein exotisches Kleinod für das moderne Musiktheater ist ihr kurzes Science-Fiction-Musical Two Microbes from Mars. Für zweistimmigen Kinderchor schrieb Spector Magen Yerushalaim. Aufgrund ihrer weitreichenden bühnendramatischen Expertise und Verdienste gehört Mira J. Spector der Dramatists Guild of America und der League of Professional Theatre Women an.
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