Die Anfänge dieser musikalischen Karriere wirken alles andere als spektakulär, denn in den 1950er Jahren begeisterten sich viele Instrumentalisten, allen voran Saxophonisten wie La Monte Thornton Young, für den Jazz. Doch der 1935 in Bern im US-Bundesstaat Idaho geborene Musiker absolvierte nach intensiven Begegnungen mit dem Jazz und einem Klarinetten- und Saxophonstudium in Los Angeles ein ganz traditionelles Kompositionsstudium, inspiriert nicht zuletzt dadurch, dass ihn sein Bandkollege Terry Jennings auf John Cage aufmerksam gemacht hatte. Youngs erste Kompositionen zeigen deutliche Spuren der Beschäftigung mit Arnold Schönbergs Zwölftontechnik. Eine andere Minim(alis)ierung des Tonmaterials verrät seine zunehmende Konzentration auf den von ihm so genannten „Dream-Chord“, bestehend aus der Tonfolge cis-d-g-a-c.

Zum Manifest der minimal music, gerade für die Generation von Steve Reich und Terry Riley, wurde Youngs 1958 uraufgeführtes Trio for Strings. Doch seit er in den 1960er Jahren in New York an der New School for Social Research elektronische Musik studierte, fesselte ihn mehr und mehr die dort etablierte Fluxus-Szene, der seine Piano Pieces for David Tudor gewidmet waren oder auch die Compositions 1960, eröffentlicht in seiner eigenen Zeitschrift an anthology. Die Stimmung eines Instruments begriff der Amerikaner als „Funktion der Zeit“, weshalb in seinen Werken, insbesondere denjenigen, in denen das Saxophon eine größere Rolle spielt, (extrem) lang ausgehaltene Töne in den Mittelpunkt treten: Beziehungen zwischen Frequenzen bestimmen die Faktur einer Komposition. Auf einer solchen Basis entwickelte sich das Konzept des Dream House, die Idee einer „ewigen Musik“ als einer „Welt in der Welt“, für die die Schildkröte durch ihre besonders lange Lebensdauer als Symbol steht.

Nach den 1990er Jahren wandte sich der sowohl avantgardistisch als auch minimalistisch agierende Künstler jedoch wieder seinen früheren Interessen zu: In seinen Kompositionen mit lang ausgehaltenen Klängen sah er eine Beschäftigung mit reinen Stimmungen, während ihn Ende des 20. Jahrhunderts wieder die Blues-Improvisationen innerhalb des Jazz faszinierten. Das Publikum als Hörerschaft spielte bei all diesen Experimenten und Wiederaufnahmen ehemaliger Tendenzen eine eher untergeordnete Rolle im Reich einer „L’art pour l’Art“.

Young gründete die Forever Bad Blues Band, die 1992 in Berlin zum ersten Mal öffentlich auftrat. Doch handelte es sich wirklich um eine Reverenz an eine modische Strömung, die in den 1990er Jahren die Verbindung von Neuer Musik und Jazz propagierte? Wer sich in die Kompositionen der mittleren Schaffensjahre des Musikers aus Idaho vertiefen will, findet mit der 1992 aufgenommenen Platte The Well-Tuned Piano für präpariertes Klavier (1964) einen kompletten Zyklus in augenzwinkernder Anlehnung an das Wohltemperierte Klavier vor …
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