Alexander Tansmans amerikanische Jahre

Gerade die polnische Musik verschob sich in den dunklen Jahren der nationalsozialistischen Diktatur zu einer Angelegenheit des Exils, insbesondere des amerikanischen – man denke nur an die Gründung und den Einfluss des bedeutenden Curtis Institute of Music. Vorbereitet war der hohe Anteil an ursprünglich aus Polen eingewanderten Komponisten, Dirigenten und Musiker aber spätestens bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Josef Hofmann und Leopold Godowsky das klassische Konzertleben in den Vereinigten Staaten belebten und veränderten. Jüdischstämmige polnische Tonsetzer traf das Schicksal der erzwungenen Auswanderung doppelt, auch den in Łódź geborenen Alexander Tansman (1897 – 1986), der die vom Krieg geprägten Jahre zwischen 1941 und 1946 in den USA verbrachte und dann wieder nach Paris zurückkehrte.

Alexandre Tansman mit seiner ersten Frau Anna Eleonora Brociner (Kosel, PD)
Alexandre Tansman mit seiner ersten Frau Anna Eleonora Brociner (Kosel, PD)

In Frankreich hatte der schon als Kind musikalisch hochbegabte Tansman nach dem Tonsatzstudium in seiner Heimatstadt Łódź und in Warschau schon 1919 in namentlicher Anlehnung an eine weithin bekannte Gruppierung bildender Künstler das Ensemble École de Paris gegründet. Zu ihr gehörten auch Bohuslav Martinů, Conrad Beck, Marcel Mihalovici und Alexander Nikolajewitsch Tscherepnin. Im gleichen Jahr hatte er mit der Einreichung zweier Werke unter Pseudonym, einer Fantasie für Violine und Klavier  und einer  Klaviersonate den Nationalen Polnischen Kompositionswettbewerb für sich entschieden. Alexander Tansmans zeigte sich deutlich von Ravel und Strawinsky beeinflusst; mit letzterem sollte er sich in Hollywood anfreunden; nach dessen Tod widmete er diesem im Gedenken 1972 das Orchesterwerk Stèle in memoriam d’Igor Strawinsky.

Unter anderem bietet diese Dokumentationen von Orchesterwerken Tansmans die Einspielung seiner in den USA komponierten 4. Sinfonie (B000H3090Q, Dux 2006)
Unter anderem bietet diese Dokumentation von Orchesterwerken Tansmans die Einspielung seiner in den USA komponierten 4. Sinfonie (B000H3090Q, Dux 2006)

Hollywood wurde bald nach der Übersiedlung in die USA Tansmans Werkstatt; hier schuf er die Musik zu mindestens 15 bedeutenden Filmen. 1946, im Jahr seiner Rückkehr nach Frankreich, erhielt er den Oscar für seine Vertonung des Kriegsstreifens Paris Underground mit Clarice Bennett, George Rigaud und Grace Fields. Neben seiner Beschäftigung beim Film gelang ihm die Komposition einer Boogie-Woogie-Studie für Klavier, von drei Sinfonien (Nr. 5, 6 und 7), eines Klavierkonzerts für die linke Hand, eine Partita für Klavier und Orchester, das Concertino für Gitarre und Orchester, einer Serenade und eines Divertimento, des „Oratoriums“ Adam and Eve für Sprecher und Orchester. Die meisten Werke dieser Zeit verraten eine von der Filmvertonung beeinflusste neoklassizistische Handschrift, die ihn vor allem mit Strawinsky verband.

Die Sonaten und andere Stücke für Gitarre solo zeugen vor allem von Tansmans Beziehung zu seiner Heimat Polen. (B000004631, Marco Polo 2009)
Die Sonaten und andere Stücke für Gitarre solo zeugen vor allem von Tansmans Beziehung zu seiner Heimat Polen. (B000004631, Marco Polo 2009)

Zwei Einspielungen aus dem Jahr 2006 – bei den Labels Dux und Chandos vermitteln einen weitreichenden Eindruck von den freien Kompositionen der amerikanischen Jahre; die immerwährende innige Verbindung zu seiner Heimat Polen und besonders Łódź gewährleisten aber insbesondere die Gitarrenwerke, die 2009 mit dem Solisten Marc Regnier beim Label Marco Polo erschienen.

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