Neuigkeiten rund um Giacomo Meyerbeers Œuvre

Sabine Henze Döhring, Sieghart Döhring: Giacomo Meyerbeer - Meister der Grand Opera
Sabine Henze Döhring, Sieghart Döhring: Giacomo Meyerbeer – Der Meister der Grand Opera

Frisch aus der Druckerei kam in diesen Tagen die beispiellos gelungene und detailkenntnisreiche Biographie über den seinerzeit europaweit erfolgreichen Opernkomponisten Giacomo Meyerbeer (1791 – 1864), wobei es sich bekanntlich um den selbst – aus dem vollen Geburtsnamen Meyer Beer – gewählten Künstlernamen handelt. Von der Musikpresse bejubelt trat der in Berlin Beheimatete über verschiedenen andere Städte, unter anderem Wien, München und Stuttgart seinen Siegeszug nach Paris an, wo er zum eigentlichen Meister der romantischen Grand opéra aufrückte, nicht zuletzt dank der Zusammenarbeit mit dem Dramatiker Eugène Scribe im Anschluss an seine Rückkehr nach Frankreich im Jahr 1824.

Jacob Meyer Beer (nuorempana.jpg)
Jacob Meyer Beer (nuorempana.jpg)

Die beiden Experten für Meyerbeers Musiktheater, Sabine Henze-Döhring und Sieghart Döhring, gehen in Giacomo Meyerbeer – Der Meister der Grand Opéra (ISBN 9783406 660030 München: C.H. Beck 2014) nicht nur den Lebensstationen des Komponisten im einzelnen nach, sondern wagen auch Urteile aus dem Überblick, insbesondere, was Konstellationen innerhalb des Musikbetriebs, Affinitäten und Aversionen zwischen Kunstschaffenden, Dramaturgen und Musikern betrifft. Beunruhigend dabei sind die antisemitisch tendierenden Pauschalbewertungen und Zuschreibungen an den Komponisten, die bewusst falsch informieren. Meyerbeer war – nicht zuletzt, weil er von Haus aus ein Vermögen mitbrachte – dem Neid der Zeitgenossen ausgesetzt. Daneben führen im Buch übergreifende Analysen zu neuen Einblick in die musikalische Struktur und Bedeutung der Bühnenwerke.

Die Stellungnahmen von außen, seien es Portraitmaler oder Kollegen wie Mendelssohn, konstituieren im neu erschienenen Buch der Marburger Wissenschaftler ein plastisches Gesamtbild von der Persönlichkeit Meyerbeers und von seinem Schaffenstrieb. Auffällig ist, dass er Opern zu solchen Libretti komponierte, die den Nerv der Zeit trafen oder polarisierten, weil sie am historischen Gewissen kratzten – so etwa das Hugenottendrama (Les Huguenots, Paris 1836), Le prophète (1849) oder die Behandlung ethnischer Fremdheit in L’Africaine (1865). Für diese Stoffe hatte er Gespür, wohl weil er als jüdischer Künstler immer wieder stereotypen Zuschreibungen und Anfeindungen ausgesetzt war.

Historisches Bühnenbild aus dem 3. Akt Szene V von Meyerbeers Oper Les Huguenots (Auguste Rubé/Philippe Chaperon, Bibl.nationale de France)
Historisches Bühnenbild von 1875 zum 3. Akt, V. Szene von Meyerbeers Oper Les Huguenots (Auguste Rubé/Philippe Chaperon, Bibliotheque nationale de France)

Nur selten wie in Semiramide riconosciuta (Turin 1819) trifft Meyerbeers Themenwahl in der Grand Opéra mit den Interessen anderer (vorangegangener) Komponisten zusammen. Die bedeutenden historischen Momente bleiben sein Spezialgebiet: Auf Emma de Resburgo (1819) und Margherita d’Anjou (1820) folgen Robert le diable (1831) und Ein Feldlager in Schlesien (1844).  Allerdings widmete sich Meyerbeer gelegentlich auch der komischen Oper: Wirth und Gast, oder Aus Scherz Ernst (Stuttgart 1813) und L’Étoile du Nord (Paris 1854) wären hier zu nennen. Die spannendste Frage bleibt natürlich, wie es denn kam, dass ein in der Garnisonsstadt Berlin aufgewachsener Neuling in den Künsten – der Vater war Zuckerfabrikant und Bankier – im Pariser Kulturleben über Jahrzehnte den Ton angeben konnte. Die Antworten bleibt die vorliegende Biographie jedenfalls nicht schuldig. Sie wird ergänzt durch ein umfangreiches Personen- und Werkregister, außerdem von Zeittafel und Literaturhinweisen, was ihre Benutzung auch als Nachschlagewerk für Forschende und Liebhaber erleichtert.

 

 

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