Premiere

Stefaniia Turkevych war vermutlich die erste ukrainische Komponistin, die überhaupt ins Rampenlicht der Musikhistorie trat, auch wenn es mehr als unwahrscheinlich ist, dass sich im langen 18. und 19. Jahrhundert nicht auch andere Frauen in dem osteuropäischen Land der Tonkunst gewidmet haben sollten. Wie auch immer: Zunächst studierte sie in ihrer Heimatstadt Lwiw, damals auch Lemberg genannt, bei dem neoromantisch ausgerichteten Wassyl Barwinskyj Komponieren, Klavier bei Vilém Kurz und Jerzy Lalewicz. Sie arbeitete nach weiteren „Lehrjahren“ in Wien, Berlin (hier bei Arnold Schönberg und Franz Schreker) und am Prager Konservatorium in der Klasse von Otakar Šín. An der Ukrainischen Freien Universität ebendort verfasste sie eine musikwissenschaftliche Dissertation.

Stefaniia Turkevych (1898 – 1977) war nicht nur als Komponistin produktiv und kreativ, sondern trat auch als Pianistin auf und publizierte als Musikwissenschaftlerin.
Der tschechische Hochschullehrer Vilém Kurz unterrichtete Turkevych in Lwiw im Fach Klavier. (1920, VK, 18.4.2007, GNU Free Doc. Lic.)

Auf dieser Basis konnte sie am Höheren Musikinstitut Mykola Lyssenko Harmonielehre und Klavier unterrichten und arbeitete ebenso für die Oper als Klavierbegleiterin wie als Pianistin für das Radio. Sie floh 1946 vor der Roten Armee und emigrierte mit ihrem zweiten Mann Narzys Lukjanowytsch nach Großbritannien, wo eine Vielzahl ihrer heute bekannten Werke entstand. Weniger bekannt ist, dass sie gleichzeitig vehement für die Frauenrechte in den Künsten eintrat.

Zu diesen zählen vier bemerkenswerte Symphonien, die auf eine neue Einspielung warten, das symphonische Gedicht La vita, Drei symphonische Skizzen und im Nachzug der Apollo-Begeisterung eine Weltraumsinfonie. Zur noch neoromantisch beeinflussten Kammermusik trug Stefaniia Turkevych mit Streichquartetten, einer Sonate für Violine und Klavier, einem Bläsertrio und einem Klavierquintett bei. Für das Klavier schuf sie überwiegend Gebrauchsmusik, die sie auch aufgeführt haben dürfte, etwa eine Suite für Klavier über ukrainische Themen, einen Stückezyklus für Kinder und ihre Bergsuite. Turkevychs Vielseitigkeit stellen auch ihre Kinderopern, Chorwerke und Ballettkompositionen unter Beweis. Leider blieb ihre einzige Oper Mavka, die auf Lesija Ukrainkas Waldlied zurückgeht, unvollendet. Zu letzterem Sujets entstand vor kurzem ein ukrainischer Zeichentrickfilm, der auch mit deutschen Untertiteln in den Kinos hierzulande gezeigt wurde.


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