Klassikfestivals: auf der Insel des Merengue

Die Dominikanische Republik, die mit ihrer ursprünglichen Hauptstadt die älteste europäische Stadtgründung in der Karibik für sich beansprucht, reklamiert auch die Erfindung des Merengue am Ende des 19. Jahrhunderts für sich. Damit nicht genug gilt auch die zunächst als Musik für verliebte Paare um 1960 aufgekommene Bachata als genuin „dominikanisch“. Entgegen mancher Vermutung basiert sie freilich nicht auf dem spanischen Bolero, vielmehr nahm sie im Laufe der Zeit Merkmale des Merengue auf, bekam ein schnelleres Tempo verpasst und entwickelte sich zusehends zum anlassungebundenen Tanz.

Das Woman Scream Festival 2013 fand in Santo Domingos größtem Konzertsaal, im Teatro Nacional statt. (Tubeth, 16.4.2013, OTRS).

Diese beiden folkloristischen Besonderheiten stellen allerdings nur einen Bruchteil der diversifizierten Musiksparten auf der Insel – insbesondere in der Hauptstadt Santo Domingo – dar. Seit den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts nahmen auch die Bemühungen um eine stärkere Repräsentanz symphonischer Musik im kulturellen Leben deutlich zu: Die sinfonische Stiftung wurde 1986 gegründet, zwei Jahre, nachdem der selbst in Santo Domingo gebürtige Dirigent und Geiger Carlos Piantini die Direktion des seit 1941 existierenden Orquesta Sinfónica Nacional de la República Dominicana übernommen hatte.

Die Sala Carlos Piantini im Nationaltheater von Santo Domingo (Felix714, 16.8.2008, CC-Liz.)

Die Eröffnung des großen modernen Konzertsaals der Fundación Sinfonía fand 1991 statt und seit 1997 kann sich die neue Institution mit einem eigenen Festival schmücken, das alle zwei Jahre stattfindet. Nicht nur bei Touristen machte es neben dem etablierten Teatro Nacional bald von sich reden und zog aus aller Welt Gastorchester auf die karibische Insel der Träume.

Maestro Carlos PIantini, selbst aus Santo Domingo stammend, dirigierte bereits 1972 in Wien (Fpiantini, 18.7.2018, CC-Liz.).

 

Nachdem sich im Teatro Nacional Eduardo Brito am 26. April 2020 Jonas Kaufmann in der Rolle des Florestán zur Aufführung von Beethovens Fidelio eingestellt hatte, erwartet der Große Saal am 14. Juni um 17.30 Uhr unter dem israelischen Chefdirigenten Daniel Oren die Doppelpremiere von Mascagnis Cavalleria Rusticana mit Leoncavallos Pagliacci. Der Künstlernachwuchs übrigens gewann durch die Gründung des Jugendsinfonieorchesters der Dominikanischen Republik Auftrieb und ist heute eine weithin bekannte, sich ständig neu generierende Institution, die letztes Jahr im Austausch mit dem Sinfonieorchester der Universität Hamburg konzertierte. Auf dem Programm des Orquesta Sinfónica Nacional Juvenil im Konzerthaus Berlin stand am 21. Juli 2019 so auch die Uraufführung eines Werks dominikanischer Provenienz, Caonex Peguro-Camilos‘ Punta Cana.

 

 

 


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