Um eine etymologische Finte zu bemühen: Hans Christian Andersens Bücher waren anders, sonst hätten sie nicht so nachhaltige Aufmerksamkeit gefunden. Ähnliches mag von seinen komponierenden Landsleuten in der Gegenwart gelten. Denn der skandinavischen, speziell aber der dänischen Musik eignet wenigstens seit Beginn des 18. Jahrhunderts neben ihrer Bindung an die nördliche(re) Natur eine besondere noble Innigkeit, Leichtigkeit und Aufgeräumtheit, ohne behäbig zu wirken. Eines der führenden Labels des Landes, nämlich Dacapo Records, wartet seit letztem Jahr mit einer ganzen Reihe interessanter Veröffentlichungen überwiegend moderner Kompositionen auf, unter denen auch Ersteinspielungen vorliegen.

Zuletzt hob sich Jens E. Christensen mit der Aufnahme wichtiger Orgelwerke des derzeit wohl bedeutendsten Tonsetzers Dänemarks, nämlich Per Nørgårds, aus der Masse konventioneller und häufig aufnahmetechnisch mittelmäßig gelungener Orgel-Solo-Tonträger heraus. Denn die in ihrem Charakter höchst unterschiedlichen Stücke, die von den Choralvariationen op. 12 über den „weltlich“ mitbestimmten Präludienzyklus Året („Das Jahr“), ein Sommer–Präludium, das möglicherweise pietistisch beeinflusste Den signede fryd („Gesegnete Freude“) und die Toccata Libra bis zu sieben Kanons reichen, klingen sowohl vom MP3-Format als auch von der Compact Disc tiefenräumlich und höchst präsent, beinahe, als würde man neben dem Musiker auf der Orgelbank sitzen …

Ebenso berückend alleine in ihrer Vielfalt erscheinen beim ersten Hören Hans Abrahamsens 10 Præludier, die auf einer eben erschienenen CD mit den mit Horn, Violine und Klavier instrumentierten Sechs – teils witzig-ironisch erdachten – Stücken Serenade, Arabesque, Blues, Marcia funebre, Scherzo misterioso und Für die Kinder aus dem Jahr 1984 sowie Transkriptionen der äußerst populären Satie-Stücke Trois Gymnopédies für Oboe mit Streichquartett und der Fantasistykker von Carl Nielsen verbunden sind. Nach Trine B. Mortensen zeichnet sich die Zusammenstellung sowohl durch ihre betonte Märchenhaftigkeit wie durch ihre „einfache“, aber nicht simple Faktur aus. Für die Ausführung steht das nicht nur in Dänemark bewährte, im jütländischen Herning beheimatete Ensemble Midtvest. Neben Vagn Holmboe, Nielsen und Poulenc widmeten sich die Musiker bereits dem Werk von Mozart und Gade.

Daneben seien die 2016 und erst vor kurzem erschienenen Aufnahmen von Niels Rønsholdts Songs of Doubt, die dritte Folge der Klavierwerke Rued Langgaards mit der einfühlsamen Pianistin Berit Johansen Tange und die DVD mit der Aufzeichnung der Opernpremiere The Picture of Dorian Gray von Thomas Agerfeldt Olesen nach Oscar Wilde aus dem Opernhaus Aarhus vom 22. August 2013 genannt. Der 1969 geborene Cellist und Kompositionsschüler Henryk Goreckis und Poul Ruders‘ wurde bereits mit dem Carl Nielsen Hæderspris ausgezeichnet.
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