Einen Jux will er sich machen

Eher um einen makabren „Scherz“ im Sinne einer Katzenmusik als um einen gelungenen Spaß mag es sich bei bei der Attacke in der 1704 datierten Lustigen Feld-Music von Johann Philipp Krieger (Nomen als Omen?) gehandelt haben und ähnliches kann von mancher der spanischen Batallas gesagt werden; auf der anderen Seite verschwammen gerade im Weltgefühl der Barockzeit Tragik und Inferno gerne mit Heiterkeit und Zuversicht – angesichts der Nichtigkeit weltlicher Verstrickungen.

Die Sopranistin Macarena Castro mit "ihrem" Papageno in einer Aufführung von Mozarts Oper 'Die Zauberflöte', deren musikalische Scherze ungezählt sind ...(27.2.2014, CC-Liz., p.d.)
Die Sopranistin Macarena Castro mit „ihrem“ Papageno in einer Aufführung von Mozarts Oper ‚Die Zauberflöte‘, deren musikalische Scherze ungezählt sind …(27.2.2014, CC-Liz., p.d.)

Ganz anders, nämlich gelöst und erlöst von den Banden weltlicher Händel präsentiert sich geraume siebzig Jahre später Mozarts Tonfall mit seinen feinen ironischen und auch derben Späßen, die Selbstbewusstsein und Stolz eines avancierten bürgerlichen Musikers spiegeln – sei es ganz direkt in seinem Sextett Ein musikalischer Spaß von 1787, in der Zauberflöte oder in der Janitscharenmusik des Rondo alla turca.

Domenico Cimarosa sorgte mit seiner komischen Oper 'Il maestro di capella' ("Der Kapellmeister")1793 in Berlin für Lachsalven (US p.d.).
Domenico Cimarosa sorgte mit seiner komischen Oper ‚Il maestro di capella‘ („Der Kapellmeister“) 1793 in Berlin für Zwerchfellerschütterungen (US p.d.).

 

 

Ein Zeitgenosse Mozarts, der Neapolitaner Domenico Cimarosa, hatte mit seiner in Berlin uraufgeführten komischen Kurzoper Il maestro di capella selbst im wenig humorigen preußischen Reich die Lacher auf seiner Seite. Ganz dezidiert lustig wollte sich 1861 auch der Walzerkönig Johann Strauss II. mit seiner Polka Perpetuum mobileEin musikalischer Scherz präsentieren, die mithin ein Selbstläufer war, denn bekanntlich behandelte der Wiener auch Märsche und ihre Verwandten eher leichtfüßig und unbeschwert als mit martialischem Poltern. Von unernster Seite zeigt sich manchmal selbst tiefsinnige Romantik, gelegentlich sogar Robert Schumann, der aber von Franz Xaver Chwatal mit seiner heiteren Schlittenpartie für Klavier vierhändig und Kinderinstrumente darin übertroffen wird.

Auch zur Selbstironie war der englische Maler William Hogarth in der Lage; seine mopsbissigen Kupferstiche isnpirierten Strawinsky bei der Komposition seiner Oper 'The rake's Progress' (Tate Britain, Acc. no. N00112, US p.d.).
Auch zur Selbstironie war der englische Maler William Hogarth in der Lage; seine mopsbissigen Kupferstiche inspirierten Igor Strawinsky maßgeblich bei der Komposition seiner Oper ‚The rake’s Progress‘ (Self portrait with Pug-Dog, 1745, Tate Britain, Acc. no. N00112, US p.d.).

Insbesondere zahlreiche Kontrafakturen aus ursprünglich geistlichen Liedern zeugen spätestens seit der Renaissance von weltlicher Lebenslust und Humorigkeit. Bei solchen Parodien, die vor allem mit Opernimitationen im 18. Jahrhundert zu boomen begannen, wird die Grenze zur musikalischen Satire nicht selten überschritten. Bei den harmloseren und zunächst weniger augenfälligen Formen manipulierten Komponisten im Format Joseph Haydns gerne an der Tradition, wie manch „abnormer“ Umgang mit bestimmten Satztechniken und Stilrichtungen zeigt. Im 20. Jahrhundert zog gerade ein Universalist wie Igor Strawinsky, der in alten und klassischen Genres zu Hause war, alle Register, um die Zopfzeit durch den Kakao zu ziehen, etwa in seinem bis zum Sarkasmus ironischen Musikdrama The Rake’s Progress von 1951. Kein Wunder, denn der russische Komponist bezog sich auf die ebenso bissigen Kupferstiche William Hogarths, eines bildenden Künstlers des Barock und der Aufklärung.

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