Gershwins Konkurrenten

Der Schöpfer von Porgy and Bess gehörte sicher zu den in seinem Metier bescheideneren Künstlern, die mangelnde Professionalität in dem einen oder anderen Gebiet einräumen konnten. Auch war der in Brooklyn geborene Pianist kooperativ und überließ die Orchestrierung noch der Rhapsody in Blue seinem hierin wesentlich beschlageneren Partner Ferde Grofé. Freilich hatte er die Hilfe des gleichfalls in New York erfolgreichen Komponisten neben ihm im Falle des Klavierkonzerts und bei An American in Paris nicht mehr nötig und arbeitete die Partitur selbst auf gelungene Art und Weise aus. Am Ende der Arbeit an der Musical-Oper Porgy and Bess wendete er sich wiederum an einen anderen guten Bekannten, Joseph Schillinger, da er sich – wohl zu Unrecht – in Fragen der Instrumentierung nicht ganz sicher fühlte.

Der Jazz-Pianist und Leiter der Bigband Hotel Pennsylvania Orchestra Vincent Lopez (1895 - 1975), hier auf einem Bild aus den 1920er Jahren, stellte zwar keine Bedrohung, aber für eine Zeit doch eine Konkurrenz zu Aufführungen von Gershwins jazzorientierten Kompositionen dar (upl. Infrogmation 2003).
Der Jazz-Pianist und Leiter der Bigband Hotel Pennsylvania Orchestra Vincent Lopez (1895 – 1975), hier auf einem Bild aus den 1920er Jahren, stellte zwar keine Bedrohung, aber für eine Zeit doch eine Konkurrenz zu Aufführungen von Gershwins jazzorientierten Kompositionen dar (upl. Infrogmation 2003).

Darüber hinaus ließ sich Gershwin in der Vorbereitung seiner Auftritte, bei denen er neben Al Jolsons Hit Swanee auch seine eigenen neuen Stücke zu Gehör brachte, von befreundeten Profis in puncto Organisation und Planung unterstützen und konnte sich dies auch eingestehen. Denn der Konkurrenzkampf der nicht nur an den Fingern einer Hand abzuzählenden Künstler am Broadway war hart: Viele buhlten auf engem Territorium um die Gunst eines großen und in musikalischen Angelegenheiten verwöhnten oder zumindest anspruchsvollen Großstadtpublikums; Auf- und Abstieg am New Yorker Starhimmel der 1920er und 1930er Jaher gehörten zu den täglichen Ereignissen und nirgendwo sonst auf dem Globus mussten sich Konzertmanager so emsig um ihr Brot plagen wie dort. Dementsprechend hatte auch Gershwin mit etlichen hochproduktiven Rivalen in seiner unmittelbaren Umgebung zu rechnen …

Theater am Broadway heute (Vandamo 2012)
Theater am Broadway heute (Vandamo 2012)

Zu diesen gehörte auch der drei Jahre ältere portugiesischstämmige Bandleader Vincent Lopez, dem sein Konkurrent Paul Whiteman, gleichfalls populärer Orchesterleiter, unter anderem durch die Einschaltung der „Trumpfkarte“ George Gershwin als Komponist den Wind aus den Segeln zu nehmen trachtete. Dieser suchte ihm nämlich die Idee eines „experimentellen Konzerts“ zu stehlen und ihm zuvorzukommen. Eher unfreiwillig musste Gershwin zur Kenntnis nehmen, dass ihn Whiteman bereits mit einem neuen Jazz-Konzerttitel auf das Programmblatt angekündigt und damit unter Zugzwang gesetzt hatte …

Auch der Begründer der US-amerikanischen Operette, Victor Herbert (1859 – 1924) belebte mit seinen Programmen bis in Gershwins Zeit den Broadway (1891, Library of Congress, p.d.).

Ein weiterer, zumindest anfänglich ernstzunehmender Rivale hatte das Feld im wirbligen Konzert- und Revueleben New Yorks schon lange zuvor besetzt: Victor Herbert. Dennoch hatte Produzent Alex A. Aarons, Gershwins (moderneres) Musical La-La-Lucille (1919) vorgezogen, so dass es heute als Startmarke seiner Karriere am Broadway gesehen werden kann. Herbert galt als Begründer der US-amerikanischen Operette, konnte aber mit seinem Orchester am Broadway in der nunmehr angesagten Jazz- und Musicalszene nicht gleichermaßen punkten. Auf der anderen Seite hatte es Gershwin schwer, mit den schwarzen Pianisten mitzuhalten, die Jazz aus den Wurzeln heraus spielten oder sangen und nicht aus einer klassischen Ausbildung heraus komponieren mussten. Doch war es letztlich das Jazz-Attribut, das ihn erst erfolgreich machte, obwohl er in den engeren Kreis des „schwarzen“ Jazz um Duke Ellington nie vordrang.

 

 

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