Hinter ACME …

… verbirgt sich zum einen das griechische Wort für den „entscheidenden Augenblick“, zum anderen der danach (selbst)bewusst gewählte Name einer experimentell orientierten Gruppe von performanzorientierten Komponisten aus Adelaide. Dieser absichtsvoll unakademisch auftretenden Vereinigung gehörte zwischen 1993 und 1995 auch die 1974 geborene Melita White an, die aus ihrem Mitwirken wesentliche Impulse für ihr eigenes, deutlich experimentelles Schaffen bezog. Um in diesem Bereich voranzukommen, arbeitete die zeitweise mit dem Komponistenkollegen Raymond Chapman Smith zusammen.

An der Monash University in Melbourne setzte die experimentell orientierte Komponistin Melita White ihre Studien bei Thomas Reiner und vor allem bei Catherine Schieve fort (Natebailey).
An der Monash University in Melbourne setzte die experimentell orientierte Komponistin Melita White ihre Studien bei Thomas Reiner und vor allem bei Catherine Schieve fort (Natebailey).

1995 gründete White bereits ihr eigenes Ensemble Auricle, dem sie bis 2001 als künstlerische Leiterin und Konzertmanagerin vorstand. Die Verdienste der Gruppe liegen überwiegend in der Aufführung aktueller, teilweise in der australischen Musiklandschaft noch gänzlich unbekannten Werken in thematisch ausgerichteten Konzerten. Gleichzeitig ermöglichte White angehenden talentierten MusikerInnen den Kontakt mit den Komponisten. Melita White selbst setzte ihre Studien in Melbourne unter anderem bei Catherine Schieve fort, nachdem sie an einem inspirierenden Workshop mit Philip Glass, dem prominenten Vertreter der amerikanischen Minimal Music teilgenommen hatte.

Beinahe mehr noch als für ihre eigenen Werke engagierte sich die kreativ und organisatorisch beschlagene Profi-Musikerin für die Entwicklung einer Theorie feministischer Profile in der Komposition. Dahinter stand dabei durchaus die Absicht, einen eigenen „weiblichen“ Korpus musikalischen Schaffens zu begründen. Außerdem entwickelte sie eine Form der Milieutheorie des musikalischen Kunstwerks. In der Praxis arbeitete sie an einem eigenen Stil, den sie – auf der Basis der Artefakte von Piet Mondrian – als „neoplastisch“ bezeichnet.

Das australische Ensemble Auricle machte auch durch die Aufführungen aktueller Werke seiner Gründerin Melita White von sich reden (Kate V. Robertson)
Das australische Ensemble Auricle machte auch durch die Aufführungen aktueller Werke seiner Gründerin Melita White von sich reden (Kate V. Robertson)

Ihr Stück The Third Day für zwei Altblockflöten entstand auf der Grundlage eines Texts in Nushu, einer chinesischen Frauengeheimsprache. In Traces (2008) setzte sie sich mit der Alzheimerkrankheit des eigenen Vaters auseinander. In der elektroakustischen Komposition Pope Joan geht es um das Leben einer (historisch existenten?) Frau in der leibhaften Rolle des Papstes. Melita Whites am Experimentieren mit Tönen geschulten Werke vermitteln sich dem Hörer nicht en passant, sondern erfordern Einlassung und Konzentration, gehören aber sicher zu den interessantesten Zeugnissen aktueller Neuausrichtungen in der E-Musik ohne feste Bindungen an Traditionen. Mehr ist zu entdecken unter http://www.melitawhite.com/…

 

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