Klassische Kammermusik in „Haydns“ London

Singend trat sie schon knapp neunjährig 1779 in London auf großer Bühne auf: Mit ihrer Mutter Mary Polly Young, die selbst für Vokalstimmen und Cembalo komponierte, gab Cecilia Maria Barthélemon zwischen den Teilen I und II von Händels Messias ein italienisches Duett zum Besten. Ein andermal sang sie für den König von Neapel. Dass sie Joseph Haydn eine ihrer Sonaten für „Klavier oder Cembalo“ widmete, hing indirekt damit zusammen, dass ihr Vater, im übrigen selbst Geiger und Sänger, aber auch Virtuose auf der Viola d’amore, Dirigent und Komponist, in späteren Jahren mit diesem befreundet war. Mit ihren Eltern war die später musikpublizistisch erfolgreiche Musikerin oft auf Konzertreisen unterwegs und daher schon früh an großes Publikum gewöhnt.

Das Haymarket Theater heute, wo die neunjährige Cecilia Barthélemon mit ihrer Mutter auftrat. (Philip Halling, 8.2.2025, CC-Liz.)

Daraus, dass Cecilia Maria Barthélemon allem Anschein nach in Leipzig bei dem namhaften Organisten, Pianisten und Violinisten Johann Samuel Schroeter studierte und so wohl ihre Technik, die sie bereits bei den Eltern gelernt hatte, verbessern konnte, erklärt sich womöglich ein Teil ihrer durch Veröffentlichung bekannt gewordenen Werke: Bei einer frühen Komposition handelt es sich um eine Cembalo-Sonate (1786). 1791 erschienen drei Klaviersonaten; bei einer von ihnen ist eine obligate Violinstimme ausgeschrieben. Ein Jahr später publizierte Barthélemon zwei begleitete Klaviersonaten und besagte Solosonate für Haydn, der sich zu dieser Zeit für mehrere Jahre in London aufhielt.

In der Kunst wie in der Musik: HMS Diadem at the Capture of the cape Good Hope (Gemälde von Thomas Witcombe, 1805, The Sotheby’s Gallery, London, GB p.d.)

Es blieb aber nicht bei instrumentaler Kammermusik: Einem Zug der Zeit folgend schrieb sie programmatische Lieder mit Klaviersatz, etwa eine Ouverture of the Mouth of the Nile oder, den Sieg der Engländer 1795 in Südafrika über die Buren feiernd, unter dem Titel The capture of the Cape of Good Hope. Ab 1796, dem Jahr ihrer Verheiratung mit dem Kapitän Edward Prentice Henslowe in Lambeth verliert sich leider ihre Spur als Komponistin. Ihr Sohn Francis Hartwell Henslowe wurde Beamter im öffentlichen Dienst und ebenso wie seine Mutter Cecilia Barthélemon: Komponist …

Johann Samuel Schroeter (1753-1788) bildete wohl Cecilia Barthélemon in Leipzig an Violine und Klavier aus. (RP-P-1912-1381, Rijksmuseum Amsterdam, D p.d.)

Literatur u.a.
Kassler, Michael: Cecilia Maria Barthelemon’s „Three sonatas“ op. 1. In: Simon D.I. Fleming, Martin Perkins (Hg.): Music by subscription: Composers and their networks in the British music-publishing trade, 1676-1820. London 2022. S. 39 – 56.
Landon, H.C.R.: Haydn in England (1791-95). London 1976.
Ritchie, Leslie: Women writing music in late eighteenth century-England. Aldershot c. 2008.