Senza sforzando

Diesen irgendwie witzigen Namen hat sich ein Ensemble verliehen, das am 28. September um 19 Uhr in der Münchner Allerheiligen-Hofkirche aktuelle Werke zeitgenössischer ukrainischer Komponisten vorstellen wird, bei denen es sich überwiegend um Künstlerinnen handelt. Darauf dürfen alle Konzertinteressierten, vor allem aber die, für die ukrainische Musik noch Neuland ist, zu Recht gespannt sein! Senza sforzando verweist auf eine markante Eigenschaft der Musik jenes Landes, aus dem auch Walentyn Silvestrow stammt, dessen Werke ja durch ihre magische Ausgewogenheit ohne voluminöse Unterbrechungen der dahinfließenden Klanggebilde vom Hörer eine ruhige meditative und dennoch gespannte Aufmerksamkeit neben der Versenkung fordern.

Kammermusikensemble Senza Sforzando (Kseniia Neruk)

Vertreten ist beim Konzert etwa Kira Majdenberg-Todorova, die einst in Odessa an der Staatlichen Musikakademie Klavier und Komposition studierte und nach ihrer Postgraduierung heute als Professorin an eben dieser Musikhochschule für Theorie und Komposition lehrt. Unter anderem veröffentlichte sie einen Sammelband mit Klavierstücken und seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine unter anderem die Kantate Lyuba moya („Meine Liebe“), deren Text auf ein Gedicht von Valeriia Zhihalina zurückgeht und die in der Besetzung eine Sopranistin, begleitet von Violoncello und Klavier, vorsieht. Die Komponistin ist Teil des Ensembles in ihrem eigenen Werk.

Karmella Tsepkolenko (Юрій Булка,16.9.2017, CC-Liz.)

An dem Abend wird Dirigent Oleksandr Perepelytsia mit dem Ensemble auch ein Werk von Karmella Tsepkolenko zu Gehör bringen. Nach ihrem Studium der Fächer Komposition und Klavier und ihrer weiteren Graduierung 1990 verfolgte Tsepkolenko ihren Weg sehr konsequent weiter. Unter ihren Kompositionen sind drei Opern, mehrere Symphonien, Multimedia-Werke, Kammermusik und Vokalmusik. Sie trat seit Beginn ihrer Laufbahn als Künstlerische Leiterin und Präsidentin des ukrainischen Verbandes für Neue Musik in Odessa auch immer wieder als Autorin hervor. Mit ihrem Dirigentenkollegen Oleksandr Perepelytsia verfasste sie 1990 das Fachbuch Artistic Games. Ihre avantgardistische Studie für Orchester Alles, Ausser – Was Noch Alles Ist... wurde vor 7 Jahren in der Ukraine uraufgeführt.

Publikum in der Allerheiligen-Hofkirche der Münchner Residenz (Burkhard Mücke, 17.11.2024, CC-Liz.)

Auf dem Programm steht neben Stücken von Alla Zagaykevych, Volodymyr Runchak, Bohdan Sehin, Asmati Chilabashvili, Andrii Merkhel und Ostap Manulyak auch eine Komposition von Yurii Pikush, Jahrgang 1998. Der in Dnipro City graduierte Mandolinist ging zu seinem zweiten Studium der Komposition nach Kiew und widmet sich seither auch der Musikwissenschaft. Bei Kompositionswettbewerben in der Ukraine wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er versteht Musik als einen fortwährenden Prozess des Entdeckens und Formierens neuer Visionen bei gleichzeitiger Abweichung von traditionellen Mitteln in der Hervorbringung von Klängen. Die Aufgeschlossenheit gegenüber neuesten Instrumenten spiegelt sich in seinem Werk. 2024 wurde als eines der jüngsten sein Orchesterstück Escape Velocity (2024) mit Kammerorchester und Klavier aufgeführt, das neben anderem von seinen treibenden dynamischen Steigerungen lebt.


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