Große Bühne in der Medien-City

Vor vielen Jahren begann ein Vorort im Nordosten von München durch die Vielfalt seiner großen Medienhäuser auch über Bayern und Deutschland hinaus Aufmerksamkeit zu erwecken: In Unterföhring siedelten sich private Fernsehsender konzentriert an, dort entstand Rupert Murdochs Medienimperium und zog Fachpersonal aus aller Welt an. Das Umfeld nimmt sich dagegen zwar eher kleindimensioniert aus, doch dank der Anstrengungen der Kommunalverwaltung unter kräftiger Mitwirkung engagierter Bürger selbst wurde über Live-Veranstaltungen ein Forum als lebendige Anderswelt zu den Medien geschaffen.

Schlagwerkspieler an der Bayerischen Staatsoper: Dieter Pöll (H.-P. Mederer, 13.07.2025)
Bürgerhaus Unterföhring, mittlerweile ein bedeutendes Kulturforum (Bayreuth 2009, 2014, GNU Free Doc. Lic.)


In diesen Tagen, denkt man vor allem an einen sonnigen Sonntag, den 13. Juli dieses Jahres zurück, präsentierte sich das Bürgerhaus Unterföhring als große Outdoor-Bühne für wichtige symphonische und musicalhafte Werke des 20. Jahrhunderts, nicht alleine im originalen Zuschnitt des Orchesters, sondern auch durch die Hinzunahme einer perfekten Tanztruppe mit hochtalentierten Balletttänzerinnen, der Benedikt Manniegel Dance Company. Die Anreicherung ergab sich wie von selbst, denn letztlich waren alle vier Hauptnummern des Abends ohnehin für den Tanz vorgesehen oder – wie Maurice Ravels Boléro, zumindest durch seine nahezu penetrante Rhythmik dafür prädestiniert. Viel von ihrer ohnehin knappen freien Zeit hatten die Musiker des Patentorchesters München, Mitarbeitende des Europäischen Patentamts in die Proben zu diesem musikalischen und choreographischen Großevent gesteckt.

Die durch ihre Melodien vertrauten Symphonischen Tänze aus Leonard Bernsteins West Side Story machten den Anfang und erklangen rein konzertant noch ohne den Auftritt der Tanzenden. Letztere kamen dann aber bei Schostakowitschs Jazz-Suite Nr. 2, eigentlich einem leichten Nebenprodukt zu den breit dimensionierten Symphonien. Der überaus populäre Walzer, Musterbeispiel eines Wiener Walzers, stellt das Kernstück der Suite dar und hiermit harmonierten die Figurenbildungen und graziösen ebenso wie leicht schwingenden Pendelbewegungen der Balletttänzerinnen in berückender Weise.

Benedikt Manniegel Dance Company in perfekt abgestimmter Choreographie (H.-P. Mederer, 13.07.2025)

Als interessante Überraschung für das Publikum fiel das seltener in Europas Konzerthäusern zu hörende, 1940 komponierte Concertino für Marimba und Orchester von Paul Creston, einem Zeitgenossen Howard Hansons, aus. Der Virtuose am Instrument, der Schlagwerkspieler Dieter Pöll von der Bayerischen Staatsoper übernahm den kontrapunktisch und polyphon komplexen Part des Marimbaspielers mit gelassener Souveränität, Konzentration und Spielfreude. Für Aufsehen sorgte es auch, als zur Zugabe seine Tochter mit der Tuba auf die Bühne kam und ihm mit dem munter dröhnenden Bassinstrument sekundierte.

Maurice Ravel 1910 auf einer Postkarte (GB p.d.)

Zwei große Zugaben lieferte der Dirigent und spaßige Ansager des Abends, Folko Jungnitsch, nach dem hämmernden Klangerlebnis von Ravels Boléro, dessen Verfertigung für den Komponisten wohl ein Amüsement dargestellt haben muss, denn über lange Strecken des von den monotonen Taktschlägen der Trommeln geprägten rauschhaften Tanzstücks gibt die Partitur gerade, was den Einsatz der Streicher und eben auch der „Drums“ betrifft, nicht so viel Zündendes her … Das ganze Stück endet in jenem nicht enden wollenden und leicht schrägen Klangfarbenchaos. Weitere Knallbonbons erstritten sich die Zuhörer durch beharrlichen Beifall und so wurde auch die markante Schlussepisode der West Side Story vom Orchester zelebriert, das Publikum zu „Mambo“-Rufen an den jeweiligen Pausenstellen für das Orchester instruiert, angesichts der großen Leistung des Balletts und der Musiker eine eher zu vernachlässigende Aufgabe …