Das vom Münchner Ostbahnhof aus gut zu erreichende Theater Werk7 auf dem ehemaligen Produktionsgelände einer altbekannten, kartoffelaffinen Lebensmittelfabrik ist eine weitere Spielstätte des Gärtnerplatztheaters. Dort war am gestrigen Donnerstagabend mit Bel Canto Me ein Potpourri von wienerklassischen Opernnummern, Operetten der langen romantischen Epoche und von Ausreißern des 20. Jahrhunderts zu hören, das Ganze musikdramengemäß vereint und überdacht von einem Erzählfaden, der das Hin und Her, Liebelei, Zähmung und Unterwerfung – gerade durch die Frauenfiguren – von vier exzellent ihre Rollen spielenden, noch sehr jungen Gesangssolistinnen und -solisten der Oper expressiv zum Ausdruck brachte. Verkleidung und Demaskierung als typische Merkmale von Dramen des Aufklärungszeitalters bestimmten maßgeblich die witzigen aktionsreichen Szenerien inklusive weiblich-männlicher Verfolgungsjagden auf einer nicht eben großen Bühne.

Das Motto „Fools of Love“, der Kitt zwischen den vielfältigen, dem breiten Publikum teils bekannten Versatzstücken von Mozart und Rossini über Johann Strauss bis zu Kurt Weill, prangte denn auch in großen Lettern auf dem Balkon über der Bühne, der der Dramaturgie selbst Gelegenheit für ein Techtelmechtel zwischen einem Dame spielenden androgynen und einem verdatterten Hetero-Mann bot. Das Opernstudio demonstrierte dem gut gefüllten Saal also gewissermaßen seine eigenen Möglichkeiten in einem allusionsreichen, Szenen zusammenbauenden Spiel und ließ der Musik selbst trotzdem großen Raum.

Hinzu kam das verkleinerte Orchester des Hauses, in dem Pianist Mauro Zappalà (der nicht nur die Lücken des Orchesters vom Klavierauszug füllte), ebenso aber Streicher und Blechbläser präsent waren, außerdem ein Schlagwerker am Xylophon und anderer Perkussion, demnach ein eher ungewöhnlich zusammengestelltes Kammerensemble für ein regelrechtes Opern- und Operettenpasticcio.

Im Vordergrund im wahrsten Sinne des Wortes standen natürlich die vier quirligen Sänger, die dynamisch ausdrucksvolle Sopranistin Mina Yu, Mezzosopran Anna Tetruashvili, Tenor Jacob Kressin und der voluminös schmetternde Bariton Jeremy Boulton. Die Regie Florian Hackspiels, die Choreographie von Alex Frei und nicht zuletzt die einfallsreiche, aber immer gediegene Kostümierung durch Selma Agirgöl entzündeten an diesem Abend ein nahezu sportliches Feuerwerk. Am Pult stand Stephen Delaney, der durch die Solisten auch mal – scheinbar unfreiwillig – ins Geschehen einbezogen wurde. „Defying Gravity“: Das selbstgewählte übergeordnete Motto des Unterhaltungstheaters ging jedenfalls auf.