Die vielseitige Lange Nacht der Kunst in Augsburg:

Einer der Meister des süddeutschen Repertoires für die Orgel ebenso wie für das Cembalo, Roland Götz, war zum Auftakt des Festivals mit Kompositionen vor allem von Hans Leo Hassler am Spinett zu hören. Das Motto Venedig-Manie war glücklich gewählt, da sich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts viele Musiker auf der musikalischen „Walz“ nach Venedig zu den Gabrielis und Frescobaldi befanden, um ihre gelernte Kunst bei den Angesehensten ihrer Epoche zu vervollkommnen. Die gotische Leonhardskapelle als Aufführungsort eignet sich durchaus für ein Instrument dieser überschaubaren Größe, da sich der gezupfte und gezirpte Klang mit Klirrfaktor akustisch besonders für solch hohe und gleichzeitig schmale Räume zu eignen scheint. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, wurde die Kapelle aus dem Welserhaus in die bestehende Fuggerei, das historische soziale Wohnprojekt der namhaften Kaufmannsfamilie, eingebaut.

Vom Experten seines Instruments, Roland Götz, wird diese Stätte wegen der Klangeigenschaften seit langem geschätzt. Sämtliche Stücke wurden mit überzeugendem Tempo vorgetragen, weder zu schnell noch zu langsam, sondern so, dass der barocke agogische Gestus gut nachzuvollziehen war; das seltene Bremsen und Verharren auf Schwerpunkten wirkten bei diesem Spiel völlig natürlich. Die kundige und ebenso auf aktueller Information beruhende Moderation ließ die Gäste darüber hinaus tief in die Musikwelt des mittleren 17. Jahrhunderts eintauchen.
Die Augsburger lange Kunstnacht war überwiegend von musikalischen Events, gar nicht überwiegend von der bildenden Kunst im engeren Sinn geprägt. In der Kresslesmühle unterhalb des Rathausplatzes konnten die Hörer jiddischer Musik mit den teils witzigen, manchmal auch salontauglichen Liedern „aus dem Schtetele“ von Sänger Marjan Abramowitsch und seiner Frau Olga am Klavier auf ihre (Un-)Kosten kommen: Am Ende des von verständnisvollem Sentiment genauso wie vom groovenden Rhythmus geprägten Konzerts durften sich Besucher Gratis-Einspielungen von Abramowitschs Band mitnehmen.
Hervorzuheben ist auch das nächtliche Duett im halbbeleuchteten Rokokogarten des Schaezlerpalais‘ mit Takeo Sato an der Gitarre und der Violinistin Senta Kraemer, die sich sowohl Vivaldis Musik als auch Werken von Paganini, Elgar und Piazzolla widmeten. Die Stelzentänzer an der Maximilianstraße demonstrierten mit ihren Roben die ziemlich glanzvolle Hoch-Zeit der Fugger im Augsburg der Renaissance.
