Das Freisinger Domorchester spielt Haydn und Mozart.

Beate Kiechle studierte zum Spiel der Traversflöte in Salzburg Instrumental- und Gesangspädagogik und schloss am Münchner Richard-Strauss-Konservatorium mit dem Konzertexamen ab. Parallel dazu entwickelte sie ihre stimmlichen Fertigkeiten als Sopranistin konsequent weiter, sang wichtige Partien im Opernfach ebenso wie im Oratorium und wirkte mit namhaften Orchestern und Ensembles zusammen. Sie ist Mitglied des seit 2016 bestehenden weiblichen Terzetts I Zefiretti, das sich unter Beachtung der historischen Aufführungspraxis auf das Repertoire der frühen Neuzeit spezialisiert hat und auch 2023 insbesondere im Raum Ober- und Niederbayern konzertiert.
Am vergangenen Sonntag gestaltete sie maßgeblich das Herzstück des Abendkonzerts in der Freisinger Domkirche mit. Dabei handelte es sich um die Motette Venti, fulgura, wahrscheinlich einem Jugendwerk Mozarts, dessen Zuschreibung aber nicht gesichert ist. Der Text folgt ganz der bereits in der Barockästhetik ausgebildeten Wettermetaphorik und vor allem der Metapher des Lebens als Schifffahrt in einem als unberechenbar empfundenen, von bösen Mächten bewohnten Meer. Insofern ist das orchestrierte vierteilige Vokalwerk ganz einer wenigstens 100 Jahre älteren Tradition verpflichtet. Dementsprechend zeugt es bei gleichzeitig zurückhaltender Homophonie von dichter polyphoner Satzarbeit und wäre damit eher der Vorklassik zwischen Domenico Scarlatti und Carl Philipp Emanuel Bach zuzurechnen. Unaufgeregt und völlig dem Sinn und Duktus der Verse verpflichtet verlieh Beate Kiechle der Komposition eine noble Note, komplementiert vom gleichermaßen inspirierten wie zurückhaltend musizierenden Orchester.

Den musikalischen Rahmen bildeten zwei eigentlich nicht für den sakralen Raum geschaffene Werke, nämlich einmal Haydns zweites und wohlbekanntes Konzert für Trompete und Orchester Es-Dur (Hob. VIIe Nr. 1) für die Klappentrompete, in ebenso noblem Gestus vorgetragen von Manfred Bockschweiger. Das Finale bildete eine von den drei späten außergewöhnlichen Sinfonien W. A. Mozarts, nämlich diejenige in derselben Tonart Es-Dur (KV 543).


Diese Sinfonie wiese eigentlich eine untypische Fünfsätzigkeit auf, würde man nicht das Adagio und Allegro des Anfangs in einen Satz fassen. Sie ist charakterisiert durch das Fehlen der Oboen, wodurch die Klangsphäre insgesamt mehr Tiefe ausstrahlt, zumal die Klarinetten von den Fagotten sekundiert werden. Das Geheimnis des langsamen Seitensatzes Andante con moto, der dadurch eine besondere Stellung im Ganzen gewinnt, liegt in seiner konsequenten Punktierung begründet. Die auf- und absteigende Motivik durchmisst dabei den Raum zwischen den drei Tonarten f-Moll, Es-Dur und am Ende B-Dur. Der Schlusssatz Allegro exerziert dieselbe thematische Grundsubstanz in vielfachen Abwandlungen und Weiterführungen.
Nicht nur der künstlerisch üppige Rokoko-Rahmen des Kircheninneren korrespondierte dabei zur Auswahl der Werke durch den Dirigenten der Aufführung, Dommusikdirektor Matthias Egger; auch passten sich das Klangvolumen und die subtile Agogik des sechsunddreißig Köpfe zählenden Domorchesters Freising form- und stilvollendet in den großdimensionierten Raum ein.