Langsam fällt der westlichen Hemisphäre die Bedeutung der ukrainischen Musik wie ein Schleier von den Ohren, wenn man so will … Denn es ist nicht so, dass hier vergessene Komponisten wiederentdeckt wurden wie es sonst gang und gäbe ist; vielmehr wurde die gesamte ukrainische Musikgeschichte auch in Deutschland weder rezipiert noch aufgearbeitet, nur der Name des nunmehr im deutschen Exil arbeitenden und lebenden Lyatoshynskyj-Schülers Walentyn Sylvestrow ist vielen ein Begriff.

In der Romantik entstand in der Ukraine das erste Bühnenwerk, das zur Nationaloper gekürt wurde: Semen Stepanowytsch Hulak-Artemowskyjs 1863 zur Uraufführung gebrachte komische Oper Saporoschez sa Dunajem, zu deutsch: Der Saporoger an der Donau , der sogleich großer Erfolg zuteil wurde. Zuvor schon hatte der 1813 in Kiew geborene spätere Opernbariton für die Bühne geschrieben, etwa die 1851 veröffentlichte Oper Die ukrainische Hochzeit. Hulaks Werkkatalog wirkt sehr ausgesucht und gewissermaßen typisch für die Vielfalt der romantischen Gattungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wie sie in den Salons rezipiert wurde. So trug er zum seinerzeit äußerst populären Vaudeville bei, komponierte Lieder, mehrere Schauspielmusiken und ein Divertissement.

Dass Hulak über sein musikalisches Schaffen hinaus auch als Schauspieler und Dramatiker wirkte, mag leicht übersehen worden sein. Jedenfalls hatte er nach seiner Schulzeit das theologische Seminar in Kiew besucht, bevor er Schüler von Michail Glinka wurde. Seine Studienzeit widmete er allerdings dem Fach Gesang, sowohl am Petersburger Konservatorium als auch an der Musikakademie zu Florenz. Von 1842 an war er als Bassbariton am berühmten Mariinski-Theater verpflichtet, zudem an der Opera italiana von St. Petersburg. Er brillierte als Masetto in Mozarts Don Giovanni, in Glinkas Ruslan und Ljudmila und Donizettis Linda di Chamounix.
Die Kosaken im Exil (Andrijs Gebet-Arie)