Die Wiener Klassik als Referenzpunkt

Mag sein, dass wegen des großen Erfolgs beim neapolitanischen Publikum Il matrimonio segreto ein Jahr nach der Wiener Veröffentlichung 1793 auch heute das populärste Werk von Domenico Cimarosa ist. Seinen Anfängen als unangefochtener Maestro der opera buffa seiner Epoche wird aber erst jetzt mit einer modernen Partitur der „commedia per musica“ Le stravaganze del Conte, in Neapel 1772 veröffentlicht, die gebührende Aufmerksamkeit zuteil.

Cover der 325 Seiten starken Partitur der ersten ‚opera buffa‘ aus Cimarosas Werkstatt (ISBN 13: 979-840705932-5)

Diese Ausgabe erschien aktuell als unabhängiger Druck unter der Herausgeberschaft des Dirigenten Simone Perugini, der auf Cimarosa und die  „Sattelzeit“ der Nachkommen aus Neapolitanischer Schule spezialisiert ist, etwa auch schon Aufnahmen der Opern von Giovanni Paisiello und Pasquale Anfossi realisierte. Das Libretto der Stravaganze geht auf Pasquale Mililotti, der etliche andere buffa-verdächtige Stoffe für das Musiktheater bearbeitete, zurück.

In der Reihe Bisel Classics Anfang Februar ediert: Das Concertino op. 73 von J.N. Hummel (ISBN 13: 978-3755749349)

Johann Nepomuk Hummel (1778 – 1837) galt vielen als probater Komponist an der Seite, dann im Schatten Beethovens, der nur acht Jahre älter und mit ihm befreundet war. Der aus Bratislava gebürtige Pianist und Klavierpädagoge schrieb viel, neben zahlreichen Werken für sein Instrument ein sehr beliebt gewordenes Trompetenkonzert in Es-Dur. Bei Bisel Classics ist jetzt sein Concertino op. 73 für Klavier und Orchester als Partitur herausgekommen. Es geht auf ein Mandolinkonzert von 1799 zurück, wurde aber für den spezifischen Stil der Wiener Klassik später von Hummel adaptiert und steht seither als Paradebeispiel für diesen.

Magnus Lindberg, geb. 1958 in Helsinki, ist einer der großen Vertreter der finnischen Avantgarde und pflegt einen sehr individuellen symphonischen Stil (Laivakoira2015, 25.2.2015, CC-Liz.)

Einst Schüler Vinko Globokars in Paris war der Finne Magnus Lindberg, der in persönlichen expressiv-postmoderner Ausprägung mit starken Wurzeln in der traditionellen Harmonik seit 1982 inhaltlich teils experimentelle Orchestermusik wie Feria (1997) oder Tempus fugit (2017) und Konzerte für Klarinette, Cello und Klavier komponiert. Daneben entstehen weiterhin Kammermusik und solistische Werke. Die Orchesterpartitur von Two Episodes (2016) ist nun in der Reihe Hawkes Pocket Scores erschienen.

In den explosiven Klangfarben der an Beethovens Neunte „angelehnten“ Symphonie mit zwei Schlussmöglichkeiten finden sich spätromantisch-expressive Elemente ebenso wie zeitgenössische des 21. Jahrhunderts (HPS 1642, Schott Music Int., Neuerscheinungen).

Laut Martin Anderson könnte es sich dabei „vielleicht zum ersten Mal in der Musikgeschichte“ um eine Ergänzung oder Erklärung zu Beethovens 9. Sinfonie mit anderen Mitteln im Sinne einer quasi-architektonischen Beifügung. Lindberg passte sich in diesem Fall an die romantische sinfonische Instrumentation an und es finden sich darin einige Allusionen auf Beethovens letzte Sinfonie, die die Verbindungen gewährleisten. Der Titel Zwei Episoden, hier zu hören mit der finnischen Dirigentin Dalia Stasevska, wurde für dieses packende symphonische Feuerwerk gewählt, weil zwei alternative Schlüsse zu Beethovens Werk „vorgeschlagen“ werden, wobei Lindberg im Falle des zweiten eine „anschlusslose“, eigenständige Lösung anstrebte, gewissermaßen als Möglichkeit, die das Spektrum der neuen Musik im 21. Jahrhundert bietet …


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