Von schottischen Höhen in die Tanzsäle der Biedermeierzeit: Die vermutlich lange Vorgeschichte zur Entstehung der Écossaise umfasst den langen Zeitraum mittelalterlicher gälischer Popularmusik, in dem Gesang und Tanz zu den Klängen des Dudelsacks Hand in Hand gingen. Ursprünglich handelte es sich um einen eher gemächlichen Schreittanz zahlreicher Teilnehmender in Kolonnenanordnung.

Im Laufe seiner kontinentalen Übernahme auch in kunstmusikalische Zusammenhänge beschleunigte sich bei einigen Varianten das Tempo von einem langsameren 2/3- oder 3/4-Takt zu einem raschen Dreiertakt. Sein Ort war zunächst das schottische Hoch- und Hinterland, bevor er sich das ganze 18. Jahrhundert hindurch in ganz Europa (und darüber hinaus) verbreitete. Ein Wandel in der frühen Rezeption erfolgte in Frankreich, wo die Écossaise unter der pauschalisierenden Bezeichnung Anglaise einen geraden Takt – in der Regel 2/4-Takt – annahm.

Wie viele Tänze, etwa das Menuett, der Rigaudon oder der Walzer erfuhr auch die Écossaise in der klassisch-romantischen Ära eine deutliche Stilisierung. Das Primat der virtuosen Klaviermusik, das im gesamten 19. Jahrhundert prägend wurde, ließ sie zum Charakterstück für Pianisten werden.
Sowohl Friedrich Kuhlau in Dänemark als auch Beethoven, Schubert, Weber und Chopin (mit seinem opus 72), um nur die bekanntesten zu erwähnen, schufen markante Beispiele und erwiesen so dem alten gälischen Volkstanz ihre Ehre. Noch Debussy schrieb einen ebenso in Orchesterfassung vorliegenden marche écossaise …
Literatur u.a.:
Litschauer, Walburga: Dances of the Biedermeier. In: Schubert durch die Brille… Bd. 21. 1998. S. 19 – 25.
Sheridan, Mark; Iona MacDonald: Gaelic singing and oral tradition. In: International Journal of Music Education. Bd. 29. 2011. S. 172 – 190.
