Nicht nur Sänger Thomas Hampson, mithin jegliche Orchestermusiker/innen werden, auch wenn sie nicht wie dieser auf einen Schlag begeistert sind, eine technologische Innovation wie die aktuelle Enote-App zu schätzen wissen und sollte es überhaupt Skeptiker geben, werden auch diese in naher Zukunft mit solchen vorausweisenden Tools arbeiten müssen. Denn schon jetzt ist abzusehen, dass Enote die Orchestergräben und -Podien umwälzen wird.

Im Vordergrund steht bei der Nutzung prinzipiell endlos vieler Partituren nicht der Download zum Zweck des Übens und der Erprobung im Orchester, sondern die Online-Verfügbarkeit. Sätze und Takte können damit einzeln angesteuert werden, Markierungen für die eigene Instrumental- oder Gesangsstimme sind möglich und zwar sowohl manuell via Stiftklick auf das Pulttablet als auch in Automation. Je nach Einstellung des exakt einmessenden Metronoms steht in Kürze das automatische Seitenwenden (Grüße von E.T.A. Hoffmann, Gott hab‘ ihn selig … ) quasi „von Geisterhand“ zur Verfügung. Last but not least funktioniert das Transponieren, nimmt man etwa die Einrichtung einer in C notierten Stimme für Es-Klarinette, in Sekundenschnelle.

Darüber hinaus steht demnächst virtuelles Playback zur Verfügung und ermöglicht das Feilen an der eigenen Interpretation ebenso wie die Nutzung des orchestralen Gesamtklangs simultan oder in Vorausschau, um sich beim Üben im Studierzimmer oder Probenraum auf den „Ernst“ der Live-Situation einzustellen. Dabei beruhen die zugrunde gelegten Notentexte auf jeweils einer zuverlässig eingerichteten Fassung letzter Hand.

Um den Orchestern der Welt, nicht zuletzt ihren Dirigent/inn/en möglichst umfangreiches Ausgangsmaterial verfügbar zu machen, das von einem Gremium von Musikwissenschaftlern in Verbindung mit einer Gruppe von Forschern aus dem Fachgebiet Künstliche Intelligenz aus einem Quellenfundus von Millionen jemals edierter Notentexte durchforstet, ausgewertet und bereitgestellt wurde. Es steht zu erwarten, dass die Zahl der Abonnenten rasch zunehmen wird, nachdem bereits Häuser wie die Berliner Staatsoper Unter den Linden aufgesprungen sind und sicherlich wird das Projekt auch bald Nachahmer und damit Konkurrenz auf den Plan rufen …
Literatur u.a.: Concerti. Das Konzert- und Opernmagazin. Dezember 2020. S. 45.