Prinzessin Brambilla – in Musik wiedergeboren

Von Carlo Gozzis Komödienschauspielen beeinflusst schrieb der Autor der Kreisleriana im Jahr 1820 seine Ménage à quatre Prinzessin Brambilla,  eine längere Erzählung, die er als „Capriccio“ bezeichnete, weniger in Anspielung auf eine musikalische Gattung als vielmehr auf ihren ironiegewürzten Inhalt. Es geht bei E.T.A. Hoffmanns 12. Phantasiestück um erträumte Mesalliancen ebenso wie um Geistesverwandtschaften: Der Schauspieler Giglio verliebt sich in die standesungemäße Prinzessin Brambilla, die Berufskollegin Giacinta in den ebenso gesellschaftlich entrückten Prinzen Cornelio. Schließlich erkennen sie aber beide, dass sie einem Phantom aufgesessen sind und sich in Wahrheit gegenseitig lieben.

Die Antipoden Pantalon und Giglio begegnen sich (Jacques Callot, vor 1820, F/D p.d.).

Abgesehen von weiterem reichen Nachleben der ursprünglich mit acht Kupferstichen aus der Werkstatt Jacques Callots versehenen Erstausgabe benannte man nach der literarischen Prinzessin einen der zahllosen ermittelbaren Asteroiden und inszenierte aus ihr ein Theaterstück für Kinder, das 1985 durch den Regisseur Elmar Ottenthal in Hamburg-Altona aufgeführt wurde. Walter Braunfels, durch die nationalsozialistische Kulturpolitik entfernter Direktor der Kölner Musikhochschule und 1947 von Konrad Adenauer wieder in Amt und Würden versetzt, hatte bereits als junger Komponist die Idee, aus Hoffmanns Meisterstück ein großes Vokalwerk zu schaffen. Bis dahin hatte er bereits, ganz in Humperdincks Tradition stehend, zwei andere märchenhafte Stoffe bearbeitet, darunter die leider Fragment gebliebene Oper Hoffmanns Der goldene Topf.

Die von Max von Schillings geleitete Uraufführung erlebte das überwiegend heitere Musikdrama 1909 in Stuttgart. Braunfels, außerordentlich versierter Pianist, Pädagoge und Komponist, war von Seiten seiner Mutter, die Clara Schumann und Franz Liszt gut kannte, mit Louis Spohr verwandt, der Vater Literaturwissenschaftler. Von diesem Einfluss lässt sich wohl die Neigung zu gänzlich verschiedenen Stoff- und Motivvorlagen für die Libretti seiner Opern erklären, von denen ihn nachhaltig auch die antike griechische Komödie, Aristophanes‘ Die Vögel oder die spätmittelalterliche Figur Till Eulenspiegels beschäftigen sollten. Auch im Bereich der Instrumentalmusik schuf Walter Braunfels Bedeutendes, unter anderem vier Streichquartette, ein Divertimento, eine Carnevals-Ouvertüre und eine Serenade für kleines Orchester. Seinem „Vorbild“ Hoffmann ähnlich trug er auch zur Kirchenmusik bei.

Um 1902 noch Student interessierte sich der junge, aus Frankfurt am Main stammende Opernkomponist Walter Braunfels (1882 – 1954) vornehmlich für Märchenstoffe (www.bach-cantatas.com, CC-Liz.).

Insbesondere als sein Opus 12b, die Oper Prinzessin Brambilla das Gehör der Öffentlichkeit erreichte, wurde er allseits als progressiver Vertreter der damals Neuen Musik wahrgenommen. Die Namen der Akteure wurden gegenüber der Vorlage teils geändert, nur „Giazinta“ blieb dem Original Hoffmanns treu. Das Bühnenwerk, 1929/30 überarbeitet, besteht aus einem Prolog und fünf Auftritten und folgt weitgehend dem spätromantischen Stil der Zeit, wobei der Komponist vor allem hinsichtlich der Harmonik und der Satztechnik neue expressionistische Töne anschlägt.

Aufnahmen u.a.:
vom Wexford Festival 2004 mit Daniele Belardinelli und dem Philharmonischen Orchester Krakau (Marco Polo 2005)

 


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