Chorleiterin, Komponistin, Bürgerrechtlerin: Eva Jessye

Der Präsenz „schwarzer“ US-amerikanischer Musik leistete sie durch ihr vielfältiges Engagement, insbesondere auf dem Feld der Aufführungen von Chormusik, kräftigen Vorschub: Eva Jessye, die aus Coffeyville im Bundesstaat Kansas stammte, verlegte sich im nahen Quindaro auf das Studium von Chormusik und Musiktheorie, das sie ab 1914 an der südlicher gelegenen Langston University von Oklahoma fortsetzte.

Eva Jessyes höchsteigener Chor verfügte über ein breites Repertoire, zu dem auch die Lieder von Serge Gainsbourg gehören (MP3-Album Classic Chords, 2014, ASIN: B00M8GM17E).

Zur Komposition im eigentlichen Sinn fand sie erst etliche Jahre später, als der Komponist Will Marion Cook auf sie aufmerksam wurde. Zwischenzeitlich hatte sie an verschiedenen Elementarschulen unterrichtet und neben der Leitung von Chören zu Filmen in Baltimore die Original Dixie Jubilee Singers begründet, die dem Publikum ein mit europäischen Verhältnissen ungleich breiteres Repertoire bieten konnte – bestehend aus Ragtime, Jazz, Balladen, Spirituals und Partien leichter Opernmusik. Durch den Kontakt und Unterricht mit Cook konnte sie zu den Größen ihrer Epoche aufschließen, dirigierte schließlich 1935 den Chor zur Uraufführung von Gershwins Porgy and Bess.

Eva Jessye (1895 – 1992), die im Alter von 24 Jahren bereits einen Universitätschor leitete, sorgte nahezu für die gesamte Dauer des 20. Jahrhunderts für die Etablierung afroamerikanischer Chormusik in den USA (1923, NYLPs Digital Collection, US p.d.).

Die Musik blieb nicht ihre einzige Profession, denn schon bald wirkte Eva Jessye unter anderem mit ihrem eigenen Chor an der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King mit und fungierte in Streifen der 1960er Jahre, Black Like Me und Slaves, als Schauspielerin mit. Bei einer solchen Palette an Aktivitäten konnte ihr eigenes Komponieren leicht aus dem Blickfeld geraten.

Anders als aufgrund ihrer Tätigkeiten als Dirigentin zu vermuten arbeitete sie in den frühen Jahren ihres eigenen Musikschaffens vor allem der Gattung Oratorium zu, was aber ihre ebenso aufführungspraktische Tendenz zum opernnahen Vokalwerk belegt. Zwischen 1931 und 1936 schrieb sie The Life of Christ in Negro Spirituals, das an populärem Liedgut orientierte Paradise Lost and Regained und auf der Basis der Hiobs-Erzählung im Alten Testament The Chronicle of Job. In höherem Alter spendete sie der University of Michigan  eine große Sammlung von Musikalien und Kunst, die seither zum Bestand der African American Music Collection zählte.

Spiritual  I’m a Po‘ Lil‘ Orphan


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